Volltext: Andersens Märchen

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wieder zum Trödler, und da blieb es hängen; denn niemand bekümmerte 
sich um das alte Bild. 
Im Frühjahre riß man das Haus selbst ein, es sei ein Gerümpel, 
sagten die Leute. Man konnte von der Straße gerade in die Stube 
zu dem schweinsledernen Überzuge sehen, der zerfetzt ünd abgerissen 
wurde, und das Grün des Altans hing verwildert um die Einsturz 
drohenden Balken herum. — Und nun wurde hier aufgeräumt. 
„Das half!“ sagten die Nachbarhäuser. 
Es wurde ein herrliches Haus aufgebaut mit großen Fenstern 
und weißen, glatten Mauern; aber vor dem Platze, wo das alte Haus 
gestanden hatte, wurde ein kleiner Garten angelegt, und an der Mauer 
des Nachbars wuchsen wilde Weinranken empor; vor den Garten kam 
ein großes eisernes Gitter mit eiserner Thür, das sah stattlich aus. 
Die Ceute blieben davor stehen und guckten hindurch. Und die Sperlinge 
setzten sich zu Dutzenden auf die Weinranken und schwatzten durch⸗ 
einander, so laut sie konnten; aber nicht von dem alten Hause, denn 
dessen konnten sie sich nicht erinnern; es waren ja viele Jahre ver— 
gangen — so viele, daß der kleine Knabe zu einem Manne, ja zu 
einem tüchtigen Manne herangewachsen war, an dem seine Eltern 
Freude hatten. Er hatte eben geheiratet und war mit seiner Frau in 
das Haus gezogen, vor dem sich der Garten befand; 
und hier stand er neben ihr, während sie eine Feld— 
blume einsetzte, die sie sehr hübsch fand; sie pflanzte 
sie mit ihrer kleinen Hand und drückte die Erde mit 
ihren Fingern fest an. — „Au! Was war das?“ — 
Sie stach sich. Aus der weichen Erde ragte etwas 
Spitzes hervor. Das war — ja, denkt einmal! — 
das war der Sinnsoldat, derselbe, der oben bei dem 
alten Manne verloren gegangen war, der zwischen 
Zimmerholz und Schutt sich lange umhergetrieben 
und nun schon viele Jahre in der Erde gelegen hatte. 
Die junge Frau trocknete den Soldaten erst 
mit einem grünen Blatte ab, und dann mit ihrem 
feinen Taschentuche — das duftete wunderschön! 
Und es war dem Sinnsoldaten gerade so zu Mute, 
als ob er aus einer Ohnmacht erwache.
	        
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