Volltext: Zeitungsband (1894, Bd. 1)

Krschernt fact fid;. 
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Menüsburger M Wochenblatt. 
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-£v 87stev Jahrgang. 
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3000 Slfcmmcnfen. 
61. 
Wo. 81. 
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Sonnabend, den 7. April 
1894. 
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Morgen - DePcschen. 
Berlin, 6. April. Der „Kladderadatsch" 
erklärt im Briefkasten seiner Sonnabend. 
Nummer, seit mindestens dem lO. März 
iDtiie das Auswärtige Ämt ganz genau 
aus der ablehnenden Antwort auf einen 
dem „Kladderadatsch" gemachten Vorschlag, 
daß Akten bei der ganzen Sache keine 
Nolle spielen. — Redakteur Polstorfs ver 
öffentlicht in der gleichen Nummer eine 
lange Erklärung, -worin er das früher Ge 
sagte aufrechtorhült und betont, General- 
lieutenant v. Spitz habe sich, wenn er 
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auch die Worte, es seien ganz ungehörige 
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23. 
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10 
Dinge vorgefallen, nicht direkt gebraucht, 
io doch ähnlich geäußert. 
London, '6. April. In der Wohnung 
des Anarchisten Meunier wurde eine poli 
zeiliche Haussuchung vorgenommen. Zahl 
reiche anarchistische Schriften sind beschlag 
nahmt worden. Wie verlautet, soll sich 
unter den Papieren eine von Meunier 
verfaßten Geschichte der Explosion im 
Case Very befinden. Die Pariser Polizei 
glaubt, in Meunier den Urheber des 
Attentates in der rue des bons enfants ge 
sunden zu haben. Meunier war ein sehr 
intimer Freund Ravachols. 
Ccttiujc, 6. April. Heute kam es an 
der Grenze abermals zu einem Zusainmen- 
stoß zwischen Albanesen und Montenegrinern. 
Es wurde niemand getödlet. Unter den 
Bewohnern der montenegrinischen Grenze 
herrscht große Erregung. Nach hier ein 
gelaufenen Meldungen benahmen sich die 
türkischen Behörden und Truppen gleich 
gültig, wodurch die Situation erschwert 
wird. 
Nriv-Iork, 6. April. Zwischen den Re< 
lsierungstruppen und Indianern hat dicht 
der Grenze des Staates Oklahama ein 
blutiger Zusammenstoß stattgefunden. 22 
Indianer, 14 Soldaten und 12 Ansiedler 
wurden getödlet. 
Ncw-Uork, 6. April. Im Hau,e eines 
Arbeiters in OiÜity (Pennsylvanien) ist 
Eine dortselbst versteckte Quantität Nitro 
glycerin explodirt. Der Arbeiter, seine 
Frau und vier Kinder wurden getobter, 
® sts Haus total demolirt. 
lawœœscEi'i'iiicia, ï&sa&sys.- 
stücke in Gold geprägt worden. Die Vorlage ver 
weise auf die Abnahme der Silberfcheidemünzen. 
Was solle aber dann: bewiesen werden, wenn 
man nicht sage, wie viel Thaler in Silbermünzen 
in der Bank lägen und wieviel in -Gold? Der 
jetzige Zustand, daß man silberne Scheidemünzen 
von fünf Mark mit dem Kopf des Kaisers präge, 
die nur zwei Mark werth seien, erscheine dem 
Redner doch sehr zweifelhaft. .Nun -habe die Re 
gierung eine Untersllchunffskommission einberufen; 
beweise schon, daß sie die Frage einer nähe- 
ren Prüfung fur Werth halte. Wenn jetzt Thaler 
m Suberpcheidemünzen umgeprägt werden sollten, 
so sei dies gerade so, als wenn Scheidemünzen 
im Betrage von 1ZY, Mill, ausgeprägt würden. 
Mmdeckrns müsse man die.'Resultate der Unter 
verletzt durch den Minder,verth der Silbermünzen, 
auf denen das Bild des Kaisers sich befinde. Die 
.V. cv» : 
suchung abwarten. Ein solches Vorgehen der 
ben. 
e. 
:age. 
rger 
und 
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von 
Deutscher Reichstag. 
75. Sitzung 
B e r l i n , 6. April. 
o r . s** .Eröffnung der Sitzung sind kaum 20 
Abgeordnete anwesend. 
Die allgemeine Rechnung über den Reichshaus- 
yalt sur 1800 91 wird au die Rechnuuaskoni- 
imsffon verwiesen. 
Äiächster Punkt.der Tagesordnung ist die Jiiter- 
r.ellation von Kardorsj und Gensşşen, betreffend 
die Ausprägung .von 22 Millionen Reichs Silber- 
»lünzen. Ihr Wortlaut ist folgender: 
1. Soll die von dem Herrn Reichskanzler im 
Bundesrath beantragie Neuausprägung von 
22 Millionen Mark Reichs-Silbermüuzen trotz 
bed Rückganges des Silberpreises aus etwa 
.J ."wrk für das.Kilogramm »ach den Vor 
schriften des Münzgesetzes vom 9. Juli 1873 
wonach aus dem Kilogramm 200 
Aļark geprägt werden, oder ist eine Ab- 
naminènê ^ Münzgesetzes in Aussicht ge- 
2. 
crh. 
9. 
nominen? 
2. Srllcn die 
finden, ehe 
■t zu. 
wird 
«. 
rem. 
ße. 
■ITC. 
ze» 
urg 
Uragten Neuprägungen statt- 
veenvei IINI> ^ratyungen der Kommission 
wünschte, um Miàel Reichskanzler 
legung des Silbe-weà« ^àng und Fest- 
dic Ergebnisse dieser Kommission"^"' 
zu einer sofortigen Umprüqun^ d»"iUPSen 
. wagten Neuprägungen führen könne« ? 
I ! Ails welchen Srlberb-stäà.-i solle,, pch Neu- 
\ Prägungen hergestellt werden? 
1 Da sich Staatssekretär Dr. von Posadowsk» 
sofortigen Beaiitworlung der Interpellation 
! eit erklärt, ergreift das Wort 
Abg. von Kardorff (Rcichsp.) und bemerkt, 
l 's Münzgesetz sehe die Ausprägung von silbernen 
siidemünzen vor. Aus Grund dcr Bestimmung 
e^'r den auf den Kopf der Bevölkerung fallenden 
strag von Scheidemünzen habe die Regierung 
r glaubt, die Zunahme der Bevölkerung e»t- 
rcher.d für. 22 Millionen Mark Silbermünzen 
îûïr* 9 /? - 3U lassen. Die Bestimmung de§ 
rägen'sà' Silberscheidemünzen auszu- 
btcii verändert , tn u i ccn Voraussetzungen 
tat aealaubtw,habe man vor Allem 
-übers ģzun, Golde VW, i"°. Werthverhältniß des 
kr>, könne. Run habe ff» â. 
her inzwischen sehr verändert 
fibers sei im Lause der Jahre doì, „ķ c u * 
IJfc immer, wenn die Prägung von 
^genommen worden, habe' der frühere Reìwâ" 
^Präsident von Dechend eine sehr röräwvoe 
ffljjNk befolgt, Fünfmarkstückc prägen zu lm cn 
ityà°nb der Amtsführung des jetzigen Bank-' 
ş'denten jeien lediglich wieder mir Zehnmark- 
Regierung müsse das Vertrauen bei der Land- 
wirthschaft erschüttern, -daß es der Regierung 
mit dcr Lösung der Währungsfrage Ernst sei. 
Sehr bedauerlich müsse -er es nennen, daß die 
Regierung es unterlassen habe, den Pros. Adolf 
Wagner in die Silberkommission zu berufen. 
Staatssekretär Graf Posadowsky: Er könne 
isch di« Interpellation -nur damit erklären, daß 
die Herren annähmen, die Maßregel der Re- 
-f nen 'schnelleren Ueberganq zur 
fehle bezwecken. Die Maßregel 
ZáŅŗş 
vorhanden. Trotzdem werde 
buses Bedurft,iß bestritten. Der Bestand der 
Reichsdank -habe am 31. März 1894 89 Mill in 
Silber-Scheidemünze betragen, also kamen auf 
jede Bankste-lle durchschnittlich 400000 Mark, ein 
Betrag, der sicher nicht zu hoch sei. Daß in der 
That ein Bedürfniß nach Silberscheidemünze im 
Lande vorhanden sei, gehe aus verschiedenen An 
regungen hier im Hause hervor. Nun habe nian 
gesagt, das silberne Fünfmarkstück sei eine un- 
mrpraktifche, -unsympathische Münze. Das möge, 
für die großen Städte zutreffen, sicher aber nicht 
für das Land. 'Grade aus den rheinisch-westfäli- 
i chen und sächsischen Jndustriebezirken sei noch in 
letzter Zeit im Interesse der Lohnzahlungen ' der 
Wunsch nach,Füns«-tmd--ZwrmiärkstilAen hervor 
getreten und die -amtliche Stelle sei verpflichtet, 
dies Bedürfniß zu befriedigen. Darill fei man 
sich einig, daß Deutschland allein die Wähiunqs- 
frage nicht .erledigen könne, sondern daß es dazu 
einer internationalen Vereinbarung bedürke. Dem 
scharfen Einwurf gegen die Ausprägiing unter- 
werthiger Silbermünzen müsse er die Thatsache 
entgegensetzen, daß cs bei den Thalern doch cben- 
w liege, weitn sie auch 11 Prozent mehr Silber 
gehalt hätten als die Reichssilbermünzen. Man 
habe auf die -Gefahr betrügerischer Nachbildung 
auftnerksam gemacht, aber diese sei beim Pavier- 
doch weit größer Die Schwierigkeit der Nach- 
prägimg liege nicht im Metall, sondern in der 
tadellosen Herstellung. Der Reiz zur unberechtig 
ten Nachprägung steige aber naturgemäß, wenn 
«in Bedürfniß noch Scheidemünze vorliege. Daß 
auch ein Bedürfniß nach goldenen Zehnmark 
stücken namentlich zu Lohnzahlungen vorhanden 
lei, lasse sich nicht bestreiten. Es 'schivebten Ver- 
haiidlungen darüber, ob der Bestand an Gold 
und Silber in -der Reichsbank getrennt zu ver- 
ossentlichen sei. Diese Veröffentlichungen sollten 
nicht in ledem Ausweise erfolgen, sondern zuvor 
vertraulich der Enquete-Commission und erst 
spater dam, öffentlich gegeben werde,-. Was die 
Fi-age der Znterpellation betreffe, ob die Reai- 
rung e,ne Abändenmg des MünzgesetzeS Ä 
stchilgk, so tonne er sie mit .einem Nein beaiit- 
worten. Der Gedanke der Ausprägung von 
Silbermunzen, der in der zweiten Frage berührt 
werde, könne doch nur praktisch sein, wenn inter 
nationale Vereinbarungen vorlägen, wofür aber 
der Betrag von Mill, auch keine Nolle spielen. 
Zur Herstellung dieses Betrages sollten, ivie 
Redner auf die dritte Frage antwortete, die 
österreichischen Thaler Lemrtzl werden. Zum 
L-chluf; wolle er noch eine àklärung abgeben, 
die gewiß einigermaßen beruhigend wirken werde 
Die Regierung denke gar nicht daran, aus ein- 
mnl 22 Millioneil auszuprägen, sie .werde sich 
zunächst mit dem 4. over «. Theil begnügen. 
Sie ivoUe nur von der ihr ertheilten Licenz nach 
deni Bedürfniß des Verkehrs Gebrauch machen. 
Auf Antrag des Abg. Dr. Barth tritt das 
Haus in die Berathung der Inter-pellation ein 
Abg. Müller-Fulda (Centr.) -führt aus, 
halte es nicht für angemessen, bei -einer Ziiter 
pellation die Währungsfrage zur Sprache 
bringen. 
Rcichsbank-Prasidcnt Dr. Koch Entert die 
Organisation der Reichsbank und b.t«lt, daß nach 
den Beobachtungen dieses Instituts, das in seinen 
zahlreichen Bankst-lleii ein Barometer des Blünz 
SiîfiSîU"*' in btr That ein Bedürfniß für Reichs- 
vorhanden sei. Redner belegt mit 
den ei„ro,,"^hält„ißmäßig geringen B-esàde in 
‘“Sjgîsaş 
. Abg-Dr. B a r t h (fr. Volksp.) Es sei „rnnd- 
alsch. daß man nicht ,chon im 4f a „J h ‘f 7 w 
Jahre auf das Sinkendes SiSprch--^RL 
sicht genommen habe. Wenn die Interpellanten 
konsequent waren mochten sie heute eine Umvrä 
gung des gesanimten «ilbergeldes nach dem Nor- 
inalwerth beantragen. Die Biinetallistr» in'den 
Vereinigten Staaten hätten keinen Anstand ge 
nommen, die Ausprägung eines zehnfach so großen 
Betrages niinderweithiger Münzen zu beschließen. 
Das seien doch auch Bimetallisten. (Zuruf: „Aber 
eine andere Sorte l") Mst dieser „Sorte" wolle 
man doch internationale Verträge schließen. (Heiter 
keit.) Man sage, Deutschland komme in Gefahr 
großer Verluste durch weitere Ausprägung mmder- 
werthiger Scheidemünzen. Für Gigland, wo die 
Scheidemünze gesetzliches Zahlungsmittel fei, müßte 
dann doch die Gefahr noch viel größer sein. Auch 
die Gefahr dcr Nachprägung von Fünfmarkstücken 
sei doch lange nicht so groß, wi« z. B. in Amerika 
die Gefahr der Dollar-Rachprägung. Das mo- 
narchische Gefühl des Abg. v. Kardorff iverde 
Reichskassenscheine seien -doch nur Papier' und 
würden doch als Zahlungsmittel mtbedingt aner 
kannt und bei Silber-Scheidemünze handele es 
sich auch uin etwas ähnliches. 
Abg. Graf Kanitz jkons) empfiehlt, mit den 
Neuprägungen zu warten, bis sich die Ergebnisse 
der Währungsenquete übersehen ließen. 
Abg. Dr. Meyer (Halle, sreis. Wer.) betont, 
es handle sich bei den geplanten Neuprägungen 
lediglich um die kleine Frage der Befriedigung 
eines Berkehrsbedürsnisses. 
Staatssekretär Graf Posadowsky verweist 
auf den holländischen Finanzminister Pierson, der 
die Unmöglichkeit einer bimetallistischen' Union 
konstatirt habe, also pessimistischer über eine inter 
nationale Einigung denke, als Redner. 
Abg. P a a sch e (nl.) hält die geplante Neu- 
ausprägung für vollkomnien gefahrlos. 
An der weiteren Debatte betheiligen sich noch 
die Abgg. v. K a r d o r f f (Rcichsp. > und der Abg. 
Graf Kanitz (kons.) Damit ist die Interpella 
tion erledigt. 
Morgen Börsensteuer. 
Abg. Richter (ft. Volksp.) fragt nach der 
^auer der^ Seistoii, da Gerüchte umgingen, der 
zollte in drei Wochen geschlossen werden. 
Präsident v. Levetzoiv erwidert, an einen so 
nahen Schluß sei nicht zu denken. 
liegt denn auch nicht in den Folgen der in 
Rede stehenden Schußverletzung. Der sel 
tene Fall erregt begreiflicherweise das leb 
hafte Interesse der Aerzte. 
ĢnglauD. 
London, 6. April. In den Woll-Lagern 
der London Docks brach gestern Morgen 
um 4 Uhr eine verheerende Feuersbrnnst 
aus. Das betreffende Gebäude hat sechs 
Stockwerke und war von oben bis unten 
mit Wolle gefüllt. Um 5 Uhr waren 25 
Dampfspritzen und 3 Spritzenschiffe an der 
Arbeit, um den Brand zu bewältigen. 
Die brennende Wolle erzeugte einen solch' 
ungeheuren Qualm, daß die ganze Gegend 
in Nebel gehüllt schien. Der „Wasserthurm" 
bewährte sich vorzüglich bei dem hohen 
Gebäude. Erst gegen 11 Uhr wurde der 
Rauch dünner, uni Mittag war die Feuers 
brnnst bewältigt. Die Wolle glimmte na 
türlich noch lange nachher fort. Am 
Abend schlug sie an dem einen Ende des 
Gebäudes im 2. Stockwerk wieder in Flam 
men aus, was den dort beschäftigten Feuer 
wehrleuten fast das Leben gekostet hätte. 
Im Keller haben die Rothschilds 60,000 
Krüge Quecksilber stehen. Jeder Krug be 
sitzt einen Werth von Lstr. 15. 
^ 
BMlmrd» 
Rußland. 
Aus Petersburg meldet man der „Boss. 
Ztg.", daß in Simferopol ein seit drei 
Tagen wüthender Orkan das Museum zer 
störte. Durch den Einsturz des Daches 
wurden viele Gegenstände vernichtet. Der 
Schaden ist sehr groß. Auf dem schwarzen 
Meer herrscht ein heftiger Sturm. Mehrere 
Schiffe sind untergegangen; 6 Personen er 
tranken, während 20 noch verniißt werden. 
Man befürchtet, daß auch diese den Tod 
in sen Wellen gefunden haben. 
. f?r««krejch. 
In einem der besten Bezirke der wein- 
bauenden Tonraine hatte ein kleiner Reb- 
bauer feit Jahren kleinen Tropfen gekeltert. 
Wenn nicht Hagel oder Reif, so war 
Oïdium und Phyloxera an seinem Miß 
geschicke schuld. Der vergangene Herbst 
brachte ihm aber unverhofften Segen: 5 
Faß zu je 250 Liter des feurigsten Weiß. 
Weins. „Der ist für mich allein", sagte 
der Bauer im September trotzig, und seit- 
jdem trank er ohne Unterlaß.' Am Oster 
sonntag schlürfte der Mann das letzte Glas 
der goldigen Flüssigkeit, am Ostermontag 
land man ihn in seinem Felsenkeller zwischen 
den leeren Fäflern aufgehängt, 
n, ,. Italien 
Venedig, t>. April. Die hiesigen Blätter 
drucken ihre Freude über ben Besuch 
Kaiser Wilhelms ans. Der Kaiser 
wird die hiesigen Denk-mäler und das Ar 
senal besichtigen. Abends sinder ein Gala 
diner von 80 Gedecken statt. Der Mar- 
cusplatz wird glänzend iüuminirt sein. Im 
Gefolge des Königs wird sich auch der 
Herzog der Abbruzzen befinden, ferner 
trifft der Sohn des Mikado von Japan 
in Venedig ein. 
Oeşierreich. 
Aus Wien wird berichtet: Anläßlich 
einer vor einigen Tagen im klinischen Sek- 
tionssaale des Professors Weichselbanm im 
Allgcnieincn Krankenhause vorgenommenen 
Obduktion einer Köchin, die auf dcr Klinik 
des Prof. Neumann gestorben ist, wurde 
von dem Obducenten die Entdeckung ge 
macht, daß sich im Gehirn dcr Todten eine 
Revolverkugcl befinde, die nach allen in 
Betracht kommenden wissenschaftlichen Mo- 
menten lange daselbst gelegen haben dürfte. 
Wie verlautet, soll die Köchin vor circa 
fünfzehn Jahren in Ungarn von ihrem Ge 
liebten aus Eifersucht in den Kopf ge- 
chossen worden sein. Sie wurde nach 
mehreren Wochen, mit der Revolverkugel 
im Kopfe, aus dem Spitale geheilt ent- 
lassen und scheint durch den Fremdkörper 
cither in kaum nenncnswcrthem Maße be 
lästigt worden zu sein. Auf dcr Klinik 
Neumann wenigstens klagte sie fast niemals 
über Kopfbeschwerden. Die Todesursache 
Inland. 
Auf dem Leipziger Historiker- 
tag erwähnte Prof. Dr. Arndt auf dem 
Festmahl, daß Fürst Bismarck selbst 
seine Memoiren schreibe. Er dürfe ver 
rathen, daß sie fast vollendet sind, „ge 
arbeitet mit all' der Technik, die wir bei 
der Darstellung historischer Werke anwenden." 
— Unter den wegen des hannover 
schen Spieler Prozesses verabschiedeten 
15 Offizieren befinden sich, wie das „Volk 
mittheilt, die Lieutenants v. Ş ch i e r stä d t 
von den 17. Dragonern, v. Clavö 
Bonhav von den 17. Husaren, Graf 
v. Francken-Sierstorpff und 
v. Schierstädt von den 2. Garde- 
Dragonern. Gegen die beiden erstgenannten 
ist auf schlichten Abschied erkannt worden. 
Fünf Offiziere aus Hannover werden 
der „Voss. Ztg." zufolge nach getroffenem 
Einvernehmen mit dem deutschen Reichs- 
kanzleramt zur bevorstehenden Schlußver- 
handlnng gegen den in den Hannoveraner 
Spielerprozeß verwickelten Bankier Licht- 
"er vor den Wiener Geschworenen als 
Zeugen erscheinen. 
— Im Reichsban kgc bände und 
zwar im Kontor für Werthpapiere sind 
am Freitag kurz vor Mittag 12500 Mark 
in 3 0',. prozentiger deutscher Reichsanleihe 
abhanden gekommen. Eine Lokalkorrespon 
denz erfährt darüber: Der königliche 
Obersteiger D. ^ begab sich um V 2 12 Uhr 
mit seinem Neffen, dessen Mutter und deni 
Bankier G. Gunipert von der Firma Fried 
länder L Gumperr nach dem im Reichs- 
bnnkgebäude zu ebener Erde rechter Hand 
belegen eit Kontor für Werthpapiere, um 
bort cine größere Summe, den Ertrag 
aiis dem Verkauf eines Gutes, zu deponiren. 
Die Werthpapiere befanden sich nach Gat 
tungen geordnet in Kuverts der genannten 
Bankfirma. D. trug 4 dieser Kuverts in 
einem Zeitungsbogen eingeschlagen. Vier 
weitere Kuverts hatte der Neffe bei sich 
Die 4 Personen begaben sich zunächst nach 
der Prüfungsstelle des Kontors zur Abgabe 
dcr Deklarationen. Da dieselben noch nicht 
unterschrieben waren, wurde vor Empfang- 
nähme der Wcrthpapiere um Nachleistung 
der Unterschrift gebeten. Bei dieser Ge- 
lcgenheit ließ D. die 4 vor ihm liegenden 
Kuverts kurze Zeit außer Acht und als 
er sich den Kuverts wieder zuwandte, ivar 
eins derselben, in dem sich 12500 Mark 
Rcichsanleihe befunden hatten, spurlos 
verschwunden. D. kann sich nur entsinnen, 
daß neben ihm zwei Damen gestanden, 
die später im Kontor nicht mehr ange 
troffen ivurdcn. Sowohl der auf der an 
deren Seite neben ihm stehende Gumpert, 
wie ein in nächster Nähe befindlicher Poti- 
zcioffizicr haben aber irgend etwas Ver 
dächtiges nicht bemerkt. Da in den De 
klarationen sofort ein genaues Verzeichniß 
der sttumincrn und Jahrgänge der abhanden 
gekoinmenen Stücke zur Stelle war, so 
wurden unverzüglich die Polizei und die 
Börse benachrichtigt. 
Marschall-Nies-Röschen sind der 
neueste Berliner Scherz-Artikel. Ein Hal 
lenser Professor stellte vor kurzem einen 
neuen cheniischen Stoff dar, welcher, an 
sich unschädlich, in hervorragendem Maße 
die Eigenschaft besitzt, die Nasenschleimhaut 
zum Niesen zu reizen. Auf einer kleinen 
Festlichkeit verstäubte der Gelehrte letzter 
Tage etwas von dieser Substanz, und der 
Erfolg war wirklich überwältigend. Der 
dabei anwesende Inhaber eines bekannten 
Berliner Parfümeriegeschäfts wußte der 
Sache sofort die richtige Form zu geben, 
und so hatte das niedliche Röschen als 
10 Pfennigartikel ani letzten Meßtage be 
reits reißenden Absatz — es sollen über 
30,000 Stück verkauft sein — gefunden. 
In wenigen Jahren wird man wahrschein 
lich alles mit dem Marschall-Nies-Röschen 
im Knopfloch einherstolziren sehen und 
überall ein kräftiges Niesen vernehmen. 
Zu dem Brande des ehenialigen Hotel 
, Britannia" in Frankfurt n M., bei wel 
chem 7 Btenschen ums Leben kamen, meldet 
die „Franks. Ztg." noch: Vielleicht durch 
ausströmendes Gas entstand Mittwoch früh 
um halb fünf Uhr in den, Gebäude Feuer,, 
verbreitet durch den Lnftschacht für den: 
Aufzug, und mit rasender Plötzlichkeit 
brannte das ganze aus Eichenholz gebaute, 
mit einem eisernen Geländer versehene 
Treppenhaus bis zum Dache hinauf lichter- 
loh. Dadurch war den zahlreichen Insassen 
des brennenden Hauses der Ausweg ver- 
sperrt. Im dritten Stock, wo die Familien 
Weck und Schlesicky wohnten, sprang das 
Feuer mit Blitzesschnelle in die Wohnungen 
über, besonders in die Weck'sche Wohnung. 
Hier waren nur die Frauen zu Hause. 
Franz Joseph Weck, Inhaber einer Käse- 
und Eierhandlung, ist auf einer Reise nach 
Zürich, wo er ebenfalls ein Geschäft hat, 
abwesend. Der Heimkehrende wird fünf 
seiner Angehörigen nur mehr als verstüm 
melte Leichen wiedersehen. Im Schlafe 
überrascht von der Feuersbrnnst wurde die 
ganze Weck'sche Familie, nämlich die 23jähr. 
Ehefrau Weck mit ihrem wenige Monate 
alten Söhnchen, die Mutter des Herrn 
Weck und die beiden Schwestern Pauline 
und Wilhelmine Weck. Die Feuerwehr war 
irrigerweise zuerst nur auf „Kleinfeuer" 
alarmirt und bevor sie mit einem Per- 
onenwagen herbeikam, spielten sich aus der 
Straßenseite des Hauses herzzerreißende 
Austritte ab. Aus allen Stockwerken, von 
den Fenstern und Balkönen erschollen Hülfe- 
und Jammerrufe. Die junge Frau Weck 
sprang mit ihrem Kinde zum Fenster hin 
aus. Sie fiel gerade vor den Füßen des 
Revierkommissars Schloßhauer aufs Pflaster 
nieder und fand den sofortigen Tod. 
Schloßhauer hob das noch lebende Kind 
ans, das ihn freundlich anlächelte, und ließ 
es in seine nebenan befindliche Wohnung 
tragen, wo es aber auch balv darauf an 
den Folgen der Erschütterung verschieden 
ist. Frau Weck hatte vor ihrem Sprung 
einen Zettel geschrieben und zum Fenster 
hinausgeworfen, auf dem ein Scheidegruß 
für ihren Mann mit den Worten „Lebe 
wohl, lieber Mann!" stand. Der Frau 
Weck sprang ein Fräulein Weck nach. Auch 
sie gab alsbald den Geist auf. Es hat 
noch nicht festgestellt werden können, lvelches 
der beiden Mädchen die Todte ist, da das 
andere Fräulein mit der Mutter nicht ein 
mal den Versuch, abzuspringen, machen 
konnte. Mutter und Tochter verbrannten 
Ihre Leichen wurden später bis auf kleine 
Reste vollständig verkohlt aufgefunden Aus 
den Mansarden wo die Dienstmädchen 
^ch Ş, versuchten zwei d r weiblichen 
In,affen am Blitzableiter hernnterzuklettern. 
Dabei stürzte das Dienstmädchen Marie 
Kullmann aus Niederwöllstadt ab und fiel 
sich zu Tode. Einem andern Mädchen ge- 
, eê dŞ'geii, abgesehen von einer 
Brandwunde am Arm, mit diesem Rettnngs- 
mutet heil zur Erde zu gelangen. Ein 
älteres Dienstmädchen Schwod aus Kiedrich 
wurde vollständig verkohlt in der Mansarde 
gefunden. Die inzwischen auf „Großfener" 
alarmirte Berufsfeuerwehr war gegenüber 
der Wuth des Elements fast machtlos. 
Zudem versagte anfangs die hydraulische 
Leiter. In einer knappen halben Stunde 
brannte das Hans vollständig aus. Die
	        
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