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Peter Thomsen, Über das Vorkommen von Nitrobakterien im Meere.
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Auch Gazert 7 ), der bakteriologische Untersuchungen an Bord des „Gauß“ vornahm, konnte in
dem untersuchten Material aus dem offenen Meere keine Salpeterbildner auffinden; doch sieht er in der
von ihm benutzten Methode die Ursache seiner negativen Befunde. Er schreibt darüber: „Ich bediente
mich der von Brandt bezw. Baur angegebenen Nährböden; doch ist der kulturelle Nachweis der nitri-
fizierenden Bakterien, d. h. der Salpeterbildner, mir nicht gelungen; das liegt sicher nicht daran, daß keine
vorhanden sind, sondern vielmehr an der benutzten Methode.“
Zunächst bestand meine Absicht, die Beobachtungen auf die Kieler Föhrde resp. die Ostsee zu
beschränken; doch machte es die eben angeführte Arbeit Nathansohn’s wünschenswert, die fraglichen
Verhältnisse auch in anderen Gebieten zu untersuchen. Durch Vermittlung des Herrn Prof. Paul Mayer
erhielt ich Schlickproben aus Neapel. Von dort sind zu verschiedenen Terminen im Juni und Ende
Oktober 1906 je vier Mudproben aus verschiedenen Tiefen an mich gelangt, deren völlig übereinstimmende
Ergebnisse sich gegenseitig in einwandfreier Weise ergänzten. Außerdem sandte mir Herr Prof. Kuckuck
eine Schlammprobe aus der Fahrrinne bei Helgoland.
Dem heimischen Salzwasserbecken, der Kieler Bucht, sind naturgemäß die Mehrzahl der unter
suchten Grundproben entnommen worden. Vom Innenhafen bis zur Außenföhrde (Glockenboje) wurden
Bodenproben aus Tiefen von 0 bis 20 m auf das Vorhandensein von Nitrobakterien untersucht. Für die
Impfung von Kontrollkulturen wurden aus zwei Süßwasserbecken der Umgebung Kiels, dem Schreventeich
und dem Schulensee, Grundproben entnommen. Dem gleichen Zweck dienten Erdproben vom Kompost
haufen des botanischen Gartens und Sandproben vom Strande zwischen Friedrichsort und Schilksee.
Auf das Vorkommen der Nitrobakterien wurden ferner frische Algen der Kieler Bucht, lebendes und
abgestorbenes Seegras, Planktonproben und frisch geschöpftes Seewasser untersucht.
Die Resultate dieser Beobachtungen sind in den folgenden Abschnitten mitgeteilt. Zahlenmäßige
Angaben und Belege finden sich in den beigefügten Tabellen.
Kulturmethoden und Reagenzien.
Als Nährlösung für den Nitritbildner wurde die bewährte Winogradsky’sche Nährlösung benutzt.
[Zusammensetzung: Ammoniumsulfat 2—2,5 g, Dikaliumphosphat 1 g, Magnesiumsulfat 0,5 g, Chlorcalcium
Spuren, dest. Wasser 1 1.] Zur Kultur der Nitratbildner diente ebenfalls die betreffende Nährlösung nach
Winogradsky. [Zusammensetzung: Natriumnitrit 1 g, Dikaliumphosphat 0,5 g, Magnesiumsulfat 0,3 g,
Natriumchlorid 0,5 g, Fe S0 4 0,4 g, destill. Wasser 1 1.] Statt des dest. Wassers verwandte ich für das
Impfmaterial aus der Ostsee entweder Ostseewasser oder eine 1,5 bis 2prozentige Seesalzlösung. Das
Impfmaterial aus der Nordsee (Helgoland) und aus dem Golf von Neapel wurde dagegen in einer 3,0 bis
3,7 prozentigen Seesalzlösung angesetzt. Sämtliche Nährsalze stammten von Kahl bäum. Bei den mit
Seesalz angesetzten Kulturen fand das im Handel erhältliche Verwendung.
Ich beschickte Erlenmeyer-Kolben mit der Kulturflüssigkeit, die durchschnittlich 1 cm hoch den
Boden bedeckte. Basisch kohlensaure Magnesia wurde im Überschuß zugefügt und bildete einen Belag
von etwa 2 mm Stärke. Handelte es sich um Kulturreihen, die miteinander verglichen werden sollten, so
verwandte ich tunlichst Kolben von gleicher Gestalt und gleichem Rauminhalt, um einwandfreie Ergebnisse
zu erhalten.
Vor der Impfung wurden die Kulturgefäße mit den fertigen Nährlösungen 15 Minuten lang im
Autoklaven bei 120° sterilisiert. Für quantitative Untersuchungen der Oxydationsenergie des Nitritbildners
ist dieses Verfahren bekanntlich nicht zulässig, da aus dem gelösten Ammoniumsulfat beim Erhitzen durch
das zugefügte Magnesiumkarbonat Ammoniak in die Luft entweicht. Doch ergaben die Kulturgefäße nach
erfolgter Sterilisation noch stets eine tiefgelbe Ammoniakreaktion, so daß der Prozeß der Nitritbildung und
das allmähliche Verschwinden des Ammoniumsulfats gut beobachtet werden konnte. Für quantitative Be
stimmung des verbrauchten Ammoniumsulfats ist jedoch das für sich sterilisierte, schwefelsaure Ammoniak
direkt vor der Impfung den fertigen Nährlösungen in berechneter Menge zuzusetzen, wie dies auch
Winogradsky angibt. Bei diesem Verfahren ist ein teilweises Freiwerden des Ammoniaks ausgeschlossen,
da nachträglich keine Erhitzung stattfindet.