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Durch die vorliegende Arbeit beabsichtige ich einen Beitrag zur Kenntnis der Verbreitung der
Nitrobakterien im Meere zu liefern.
Winogradsky 1 ), der uns mit der Biologie der nitrifizierenden Organismen im Ackerboden bekannt
gemacht hat, gibt schon in einer seiner ersten Publikationen der Meinung Ausdruck, daß das Wasser das
einzige Medium sei, in dem die Verbreitung der Nitrobakterien erfolgen könne, da diese Organismen nach
seinen experimentellen Untersuchungen eine außerordentlich geringe Widerstandsfähigkeit gegen Aus
trocknung besäßen. Er schreibt: „II n’existe pas, ä ce que je sache, d’indications si l’eau de mer, puisee
loin de la terre, contient des microbes nitrificateurs. Quant ä leur propagation par d’autres voies, eile
doit etre assez restreinte, car le microbe est tres-sensible ä la dessication“.
In einer späteren Abhandlung schreibt derselbe Autor 2 ); „Ob das Meer die Verbreitung eines
Nitritbildners begrenzen kann, weiß man noch nicht, denn man verfügt noch nicht über Beobachtungen
darüber, ob diese Mikroben im Meerwasser verbreitet und wie lange sie darin lebensfähig sind.
Überhaupt sind genaue Beobachtungen über die Verbreitung dieser Mikroben in natürlichen
Substraten, besonders in Gewässern, sehr spärlich. Quantitative Beobachtungen fehlen noch vollständig.“
Tatsächlich lagen, als Winogradsky diese Zeilen schrieb, erst von Vernon und Brandt einige
kurze Angaben über das Vorkommen der fraglichen Bakterien im Meer vor.
Was die Mitteilungen Vernon’s 3 ) betrifft, so scheinen mir dessen Feststellungen nicht einwand
frei zu sein (vgl. auch Nathansohn 6 ), S. 366).
Die einzigen positiven Angaben über das Vorkommen der Nitrobakterien im Salzwasser stammen
von Brandt 4 ). In seiner Abhandlung „Über den Stoffwechsel im Meere II“ weist er das Vorkommen
nitrifizierender Bakterien in Bodenproben von verschiedenen Stellen der Kieler Föhrde nach. Es war zu
beobachten, daß ammoniakhaltige Nährlösungen, die mit Schlickproben von Bellevue und Boje „D“ beimpft
waren, nach einiger Zeit auf Zusatz von Diphenylamin-Schwefelsäure Blaufärbung ergaben. Übertrug man
eine Spur dieser oxydierten Zuchtflüssigkeiten in sterile Nährlösungen, so konnten in diesen nach einiger
Zeit Salpeter- oder salpetrigsaure Salze mit Diphenylamin-Schwefelsäure nachgewiesen werden.
Sonstige Mitteilungen über diesen Gegenstand, die sich in der Literatur vorfinden, berichten nur
über negative Befunde. Auch hier handelt es sich wie bei Brandt um Küstengebiete. Gran hat diese
Verhältnisse an der norwegischen Küste untersucht und Nathansohn beschränkte seine Forschungen auf
den Golf von Neapel. Gran 5 ) stellt das vollständige Fehlen der nitrifizierenden Bakterien in den durch
forschten Küstengebieten fest. Zu denselben Ergebnissen gelangt Nathansohn 6 ) für den Golf von
Neapel. Nähere Angaben über diese Untersuchungen sind in seiner Abhandlung „Über die Bedeutung
vertikaler Wasserbewegungen für die Produktion des Planktons im Meere“ zu finden.
In dieser Schrift greift Nathan sohn auf die eben angeführte Arbeit Br an dt’s zurück und glaubt
auf Grund umfangreicher eigener Untersuchungen, die er in Neapel anstellte, mit Bestimmtheit das Fehlen
der nitrifizierenden Bakterien im Golf von Neapel annehmen zu müssen. Er weist an dieser Stelle noch
auf die ebenfalls negativen Ergebnisse Gran’s bei dessen Untersuchungen an der norwegischen Küste hin
und zieht daraus den Schluß, daß die Nitrobakterien im Meere normaler Weise nicht Vorkommen. In bezug
auf die Kieler Föhrde führt Nathansohn aus, daß dieses Meeresgebiet durch große Landnähe und
schwachen Salzgehalt stark beeinflußt sei, daß daher positive Ergebnisse, wie Brandt sie fand, wenig
beweiskräftig seien für die Verbreitung nitrifizierender Bakterien im offenen Meere.
!) Literaturangaben am Schluß der Arbeit.