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Dagegen sprechen aber die oben abgehandelten, auf die
societas bezüglichen Stellen. Hier, wo der gestor in der an
gedeuteten Weise zur Vornahme einer ganzen Reihe von Hand
lungen verpflichtet ist, ist nämlich die Parallele zwischen societas
und neg. gestio vollkommen. Wenn der socius nicht kompen
sieren darf, obwohl seine Handlungen in gewissem Sinne als
Einheit gelten, wie sollte es dann der neg. gestor dürfen? Die
Einheit der Handlungen ist hier nicht grösser als dort. „Non
est statuenda differentia inter negotia gesta et societatem.“ fi )
Wie der socius, so ist auch der neg. gestor verpflichtet, jede
einzelne Handlung sorgfältig vorzunehmen. Auch beim gestor
gilt der Satz: „Die frühere (gewinnbringende) Sorgfalt giebt dir
kein Recht, später nachlässig zu verfahren.“
Gegen die Kompensation spricht ferner als arg. e conti’ario
die im folgenden eingehend zu behandelnde 1 10 D 3, 5, in der
für einen ganz speziellen Fall aus besonderen Gründen die
Kompensation vorgeschrieben wird.
Um die Besprechung der 1 10 cit. nicht allzusehr zu zer-
reissen, muss ich zunächst einige allgemeine Fragen, deren
Beantwortung für die Interpretation der genannten Stelle mass
gebend ist, vorwegnehmen.
Die Geschäftsführung ist für den Geschäftsherrn bald ver
bindlich, bald unverbindlich, d. h. bald muss der dominus die
Vornahme des betreffenden Geschäfts genehmigen, bald ist er
hierzu nicht verpflichtet.
Er muss genehmigen die nützlich unternommene Geschäfts
führung. 6 7 ) „Nützlich unternommen ist die Geschäftsführung,
sofern der Geschäftsführer annehmen konnte und musste, dass
sie der Geschäftsherr, wenn er in der Lage zu handeln gewesen
wäre, selbst in Angriff genommen hätte.“ 8 ) Man ist darüber,
wann eine neg. gestio für den Geschäftsherrn verbindlich sei,
durchaus nicht einig. 9 ) Doch glaube ich, dass das gegebene
Quellenmaterial zu der Auffassung Dernburg’s (s. oben), von der
6 ) Cujacius, Tom. V p. 918.
7 ) § 1 J 3, 27: „sicut autem is . . 12, 1 9 § 1, 1 11 § 2, 1 44 pr 1). 3, 5;
1 24 C 2, 18; 1 3 § 4, 1 5 § 2 D 15, 3 vbd. mit 1 3 § 2 D eod.
8 ) Dernburg II § 122 nach Anm. 16.
•) Vgl. über diese Frage die Litteraturübersicht bei Windscheid III
§ 430 Anm. 17.