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Die durch die schädigende Thatsache nicht bedingten
Vorteile können niemals Faktoren des zu leistenden Interesses, 17 )
des Schadens im rechtlichen Sinne sein; denn die erste Voraus
setzung dafür, dass ein Nachteil oder Vorteil Interessefaktor
sei, ist die, dass der Nachteil bezw. Vorteil durch die schädigende
Thatsache herbeigeführt worden ist. Wenn daher im gegebenen
Falle der Verpflichtete den ganzen Schaden ersetzen soll, dann
darf der von der schädigenden Thatsache unabhängige Vorteil
nicht berücksichtigt werden. Umgekehrt: Zieht man bei Be
messung des zu Leistenden einen solchen Vorteil mit in die
Rechnung hinein, dann bleibt die resultierende, vom Ver
pflichteten zu zahlende Summe hinter dein Umfang des Inter
esses zurück; der Benachteiligte erhält das Interesse nicht;
der ihm erwachsene Schaden bleibt ganz oder zum Teil unersetzt.
Demnach gehört die Erörterung über die Aufwiegung eines Nach
teils durch einen von der schädigenden Thatsache unabhängigen
Vorteil nicht in die Lehre vom „Umfang des Interesses“, 18 )
sondern in die Lehre von der „Beschränkung des
Schadensersatzes“.
Während die Subtraktion der durch die schädigende
Thatsache bedingten Vorteile erfolgt, weil der zu Grunde
liegende Thatbestand zur Leistung des Interesses verpflichtet,
erfolgt die Subtraktion der durch die schädigende Thatsache
nicht bedingten Vorteile, trotzdem der zu Grunde liegende
Thatbestand zur Leistung des Interesses verpflichtet.
Die beiden Arten der Nachteilsaufwiegung sind juristisch
von einander grundverschieden. Es ist daher wenig zweck
mässig, wenn beide Arten „compensatio lucri cum damno“
genannt werden. Auch sprachlich ist es nicht unbedenklich,
beide Arten als Kompensation von Gewinn und Schaden zu
bezeichnen. Wenn Nachteile und Vorteile Folgen, beziehungs
weise zurechenbare Folgen ein und derselben Thatsache sind,
dann liegt entweder nur ein Schaden oder nur ein Gewinn
vor. Die Thatsache kann nicht beides, Schaden und Gewinn,
zur Folge gehabt haben. Übersteigt der Nachteil den Vorteil, so
17 ) Natürlich auch nicht Faktoren des Interesses im vulgären Sinne,
nämlich des Interesses am Nichteintritt der schädigenden Thatsache (vgl.
oben Anm. 7 a. E.).
> 8 ) Wie Colinfeldt anzunehmen scheint (a. a. 0. § 14 S. 1G8—174).
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