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steuer umfaßt, zu bezeichnen. Anspruch
auf Hinterbliebenenrente haben die Hin
terbliebenen der rentenberechtigten Ver
sicherten. Witwenrente wird nach dem Ab
leben des Mannes der dauernd oder
während 26 Wochen ununterbrochen inva
liden Witwe gewährt. Waisenrente er
halten nach dem Tode des versicherten
Vaters seine ehelichen Kinder unter 15
Jahren und nach dem Tode einer Ver
sicherten ihre vaterlosen (auch unehelichen)
Kinder unter 15 Jahren. Witwerrente
erhält der erwerbsunfähige Witwer, falls
die verstorbene Ehefrau den Lebensunter
halt ihrer Familie ganz oder überwiegend
aus ihrem Arbeitsverdienst bestritten hat.
Hinterläßt der Versicherte elternlose Enkel
unter 15 Jahren, deren Unterhalt ihm
ganz oder überwiegend oblag, so steht
diesen, solange sie es bedürftig sind, eben
falls Waisenrente zu. Wird der Witwe
keine Witwenrente ausgezahlt, weil sie
infolge eigener Beitragszahlung eine
höhere Invalidenrente resp. die Anwart
schaft auf eine solche erworben hat, so
erhält sie als Ausgleich beim Tode des
Mannes ein einmaliges Witwengeld in
Höhe des zwölsfachen 'Monatsbetrages der
Witwenrente und bei Vollendung des 15.
Lebensjahres der Kinder eine Waisen
aussteuer in Höhe des achtfachen Monats
betrages der bezogenen Waisenrente. Als
Folge der Einrichtung der Hinterbliebe
nenversicherung kommen dagegen in Zu
kunft die Beitragserstattungen an die
Hinterbliebenen versicherter Personen so
wie die Beitragserstattungen bei der Ehe
schließung weiblicher Versicherter und
wegen Unfalls in Fortfall.
Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der
einzelnen Teile der Reichsversicherungs
Ordnung ist durch Verordnung vom 5.
Juli 1912 geregelt. Für die Unfallversiche
rung ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens
auf den 1. Januar 1913 festgesetzt. Alle
übrigen Bestimmungen der Reichsversiche-
rungs-Ordnung einschließlich der Kran
kenversicherung treten, soweit für einzelne
von ihnen nicht ein früherer Termin be
stimmt ist, mit dem 1. Januar 1914 in
Kraft.
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Erinnerungen an das Jahr 1846.
Orla Lehmann und die letzten Vorgänge vor dem Kriege 1848.
König Christian VIII. war am 23.
Januar 1848 gestorben. Der Nachfolger,
König Frederik VII., erklärte schon am
28. Januar im Einverständnis mit seinem
Ministerium, an dessen Spitze der Graf
Carl Moltke stand, daß die Herzogtümer
Schleswig und Holstein ungetrennt blei
ben sollten, daß er aber gemeinsame
Stände für das Königreich und die Her-
zogtiimer geben werde.
In Schleswig-Holstein erregte diese
Kundgebung zwar große Unruhe, aber
man fügte sich doch und wählte Abgeord
nete zur Beratung der neuen Verfassung.
Anders in Dänemark. In Kopenhagen
forderten die Eiderdänen unter Orla
Lehmanns Führung ein Königreich bis
zur Eider, die Einverleibung Schleswigs
und die Ausscheidung Holsteins. Sie er
klärten sich gegen die neue gemeinsame
Verfassung, zuerst in Volksversammlun
gen, dann auf der Straße. Ueberall
führte Orla Lehmann das Wort. In der
bekannten Kasino-Versammlung des 20.
März 1848 entwarf er die Adresse an den
König, in welcher die sofortige Entlassung
des Ministeriums mit Carl Moltke ge
fordert, anderen Falls mit der Selbsthülfe
der Verzweiflung der Dänischen Nation
gedroht wurde. Diese von der Volksver
sammlung angenommene Adresse ward am
nächsten Tage durch eine Abordnung,
die von Etatsrat Hvidt geführt und von
inebr als 10 000 Menschen zum Schlosse
begleitet wurde, dem König überreicht.
Von jeder Seite sagte man dem König, daß
das Schloß vom Volke gestürmt werden
würde, falls Carl Moltke am Staatsruder
bleiben werde. Friedrich VII., welcher sich
Tags zuvor noch gegen alle Eingriffe in
seine Souveränität gesträubt hatte, gab
jetzt nach, erklärte dem Sprecher der
Deputation, daß das alte Ministerium be
reits aufgelöst sei. Graf Carl Moltke