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Großherzog Adolf Friedrich von Mccklcnburg-Slreliy f.
Jahren als Pastor nach Berlin berufen war,
habe ich einmal eine ivunderbare Geschichte
gehört i In der großen Stadt gab's schon
damals viele Orgeldreher, — ja sehr viele;
und einer derselben war ein Hauptkerl, d h.
ein Hauptmusikmacher. Demselben sollte
von all den andern ein Haupttag bereitet
werden, ich weiß nicht, ob's ein Ehrentag
oder ein Schmachtag werden sollte: aber
all seine Orgelgenossen hatten sich mit all
ihren Orgeln an diesem Tage, oder vielmehr
so gegen die Nacht auf dem Hofe versammelt,
wo in der Mietskaserne der alte Held dem
Himmel ziemlich nahe unterm Dache wohnte;
und nun nahm das vieltauscndstimmige
Ständchen seinen Anfang. Es war herz
zerreißend und himmelschreiend. Noch nie-
mals hatte man in Berlin ein solches Konzert
gehört. Die Wirkung wird denn auch als
eine unbeschreibliche geschildert. Was mu
sikalische Haustiere sind, die sollen auf den
Dächern erschienen, alle Ratten aber für
längere Zeit aus der Gegend verschwunden
sein. Als aber das Ständchen zu Ende
ivar, da erschien droben am offenen Fenster
seiner Dachkammer die Gestalt dessen, dem
der ganze Aufzug gelten sollte. Bornehm
blickte er auf die Genossen seiner Kunst her
nieder, majestätisch stand er einen Augenblick !
da droben, eine stumme Verbeugung war
sein Dank. Wegen der Vorfälle in Zaber»
brachten im Reichstag die Hofsmanns, Schei-
demanns, Liebknechts, Zubeils und andere.
Genossen, auch viele, die man sonst nicht in
dieser Gesellschaft zu finden pflegte, dem I
Reichskanzler ein Mißtrauensvotum, oder !
wie man auf deutsch zu sagen pflegt, eine
Katzenmusik. Es war ein riesiger Lärm, so ;
daß viele meinten, Herr von Bethmann j
werde dem Sturm nicht standhalten können.
Dieser aber blickte von seiner Höhe hernieder
mit stummer Verbeugung und erklärte: „Ich
werde auf dem Platz bleiben, auf welchen |
mein Kaiser mich berufen hat, solange ich
meinem Fürsten und seinem Volk dienen
kann". Und die Riesenorgelei in Zabern :
ist verstummt, nachdem der Statthalter der :
Reichslande Graf Wedel unter Erhebung
in den Fürstenstand von seinem Posten zu
rückgetreten ist und der Minister von
Dallwitz an seine Stelle gekommen ist.
Wenn so mancherlei Stürme durch die '
Herzen und Häuser, auch durchs Reichstags-
gebäude und durch die Regierungen hindurch
gezogen sind, so sind wir auch da draußen
im Lande, auf und an der See von den
Gewalten der Winde und des Wassers nicht
verschont. Um die Wende des Jahres tobten
die Wogen, überfluteten manche Gebiete der
Großherzog Adolf Friedrich von Mecklcnburg-Strclitz.