THEMA
Sprachliche Demokratie -
europaweit !
Sture Allén zu den Perspektiven der nordischen Sprachen in einer erweiterten EU
NORDEUROPAforum : Prof . Allén , die schwedische Mitgliedschaft in der ropäischen Union steht bevor . In diesem Zusammenhang sind auch eine Reihe von Fragen hinsichtlich der Verwendung der schwedischen Sprache innerhalb der Europäischen Union zu klären . Welche Kontakte mit Vertretern der EG / EU ten Sie persönlich , und was ist in diesem Zusammenhang bisher passiert ?
Sture Allén : Meine Kontakte mit der EG begannen vor ungefähr zehn Jahren . Da man neun offizielle Sprachen innerhalb der EG , heute EU , verwendet , steht lich eine Vielzahl von Übersetzungen an . Um diese möglichst effektiv zu gestalten , begann man um 1980 , ein großes nenübersetzungsprogramm , EUROTRA , in Angriff zu nehmen . In jedem EG - Land wurde eine Fachgruppe eingesetzt . ber hinaus gab es eine vierköpfige gruppe , deren Mitglied ich war , als ger Linguist übrigens und als einziger Vertreter eines Nicht - EG - tes . Im 1992 vorgelegten Abschlußbericht zu EUROTRA mußten wir allerdings stellen , daß das eigentliche Ziel , einen Prototyp für die Maschinenübersetzung zu entwickeln , nicht erreicht worden war , vor allem deshalb , weil fast ausschließlich auf Morphologie und Syntax der chen , zu wenig aber auf das Lexikon setzt worden war . Auf alle Fälle kam ich durch meine Mitarbeit an diesem Projekt relativ früh in Berührung mit der EG und erfuhr eine Menge über deren politik .
Sture Allén ist Professor für senschaftliche Datenverarbeitung an der Universität Göteborg . Er ist Mitglied der Schwedischen Akademie und seit 1986 deren Ständiger Sekretär .
NORDEUROPAforum : Wie sahen in nem frühen Bewerbungsstadium um die EG - Mitgliedschaft denn die Chancen für das Schwedische aus , offizielle che in der EG zu werden ?
Sture Allén : 1992 hörte ich von denen Seiten - sowohl in Brüssel als auch in Luxemburg - , daß es sehr scheinlich sei , das Schwedische als EG - Sprache anerkannt zu bekommen . fähr gleichzeitig las ich auch in einer
Zeitung zu Hause , daß das Schwedische und die Sprachen der anderen neu nehmenden Staaten sicherlich nicht zielle Sprachen der EG werden könnte .
NORDEUROPAforum : Wie reagierten Sie auf diese Zukunftsaussichten ?
Sture Allén : Nun , ich war ziemlich staunt und auch ziemlich ärgerlich über die sich anbahnende Entwicklung . Ich schrieb
über die Situation in Svenska Dagbladet , sprach in Radio und Fernsehen und te mich auch an die Zuständigen unserer Regierung , den Europaminister und den Bildungsminister . Beide versicherten mir , daß sie alles für die Anerkennung des Schwedischen als EG - Sprache tun würden . Im Herbst 1993 fand in Kopenhagen eine Konferenz zur Problematik der nordischen Sprachen im Zusammenhang mit einer möglichen EG - Mitgliedschaft statt . An ser Konferenz nahmen auch einige nente EG - Vertreter teil , und sie erklärten , daß es immer Position der EG gewesen sei , sprachliche Demokratie zu garantieren und die kulturelle Identität aller EG - staaten zu akzeptieren und zu fördern . Dies bedeutete natürlich , daß auch alle neuen Mitgliedsstaaten ihre Sprache in die EG einbringen könnten . Das war eine klare und optimistische Aussage , wenngleich sie noch kein offizielles Verhandlungsergebnis darstellte .
Einige Monate später , im Dezember 1993 , traf ich den Chefunterhändler Schwedens , Staatsrat Dinkelspiel , der mir mitteilte , daß nunmehr ein Verhandlungsergebnis erzielt worden war , das Schwedisch als offizielle Sprache der EG vorsah . Der offizielle schluß darüber liegt inzwischen schwarz auf weiß vor . Und dieses Ergebnis sehe ich als einen großen Erfolg an , wenn man denkt , wie ungünstig die Position doch noch wenige Monate zuvor aussah .
Diese praktizierte Sprachendemokratie , d . h . das Recht aller Mitgliedsländer , eigene Positionen in der Muttersprache einbringen zu können , stellt meines Erachtens eine wichtige Voraussetzung für ein rechtigtes Zusammenarbeiten innerhalb der EU dar . Betrachtet man die Sprache als Kulturträger , bedeutet dies zugleich , daß mit der sprachlichen auch die kulturelle Identität bewahrt werden kann . Wären die
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