Full text: (1994)

•flftenpol'ten 
5 . April 1994 
Streit in Schweden um den Werbewert des Königs 
Kümmert sich König Carl Gustav um seine Aufgaben , wie er sollte , oder sieht er konsequent gelangweilt und uninteressiert aus und begeht mentare Fehler ? 
Solch unerhörte Fragen haben die schwedischen Gemüter in den letzten chen erhitzt , nachdem König Carl Gustav Mitte März die schwedisch - französische Ausstellung Die Sonne und der stern in Paris eröffnete - und besonders nach seiner Nordreise kurz vor Ostern . 
Während eine entsprechende on über das norwegische Königshaus für die norwegischen Massenmedien völlig tabu war , hat die Debatte in Schweden frisch und offenherzig im Radio wie in der Presse Wellen geschlagen . 
Prominente Schweden wie der „ könig " Peter Wallenberg und der frühere Chef des Svenska Dagbladet Gustaf von Platen stürzten sich in die Debatte - mit zogener Lanze gegen den , der das Ganze diesmal ins Rollen brachte : Ulf Nilsson vom Expressen , der sich ohne falsche scheidenheit gerne als „ Starjournalist " zeichnen läßt . Starreporter Nilsson war auch in Paris zur Stelle und meint , daß der König nicht den geringsten Wert als rer schwedischer Interessen im Ausland sitzt , weil er seine Aufgabe so schlecht und ohne Engagement versieht . 
Es gibt dagegen niemanden , der des nigs Art , sich zu kleiden , kritisiert . Im genteil betrachtet man Carl Gustav als gesprochen gut gekleidet , und vor kurzem rangierte er sogar auf einer internationalen „ best - dressed " - Liste . Auf Außenstehende wirkt es , als hätte der einst etwas ne junge Mann sich inzwischen ganz gut im Leben zurechtgefunden - mit einem chen Lebensstil und schlagfertigen kungen hie und da . Dies ist allerdings nicht genug , um die Kritiker bei Laune zu halten . Wenn er auch keinerlei konstitutionelle Macht mehr besitzt , so könnte er trotzdem besser vorbereitet und engagierter an seine 
repräsentativen Aufgaben herangehen , heißt es . 
Der letzte Schuß in der „ Königsdebatte " kam , nachdem Carl Gustav einige Tage vor Ostern ein neues Teledienst - Center weihte . In seiner Rede , die ansonsten recht klar war und die notwendigen Worte über den Bedarf an neuen Arbeitsplätzen in dünn besiedelten Gegenden enthielt , sagte der König „ hier in Norrbotten " - während er sich erwiesenermaßen in Västerbotten befand . Da geriet die lokale Prominenz ins Schwitzen und hoffte , daß so viele wie möglich den Patzer überhört hatten . 
Solcher Fauxpas lieferte natürlich Stoff für die schon laufende Debatte , inwiefern der König oft uninteressiert und weilt wirkt , ja nicht einmal zu wissen scheint , wo er sich befindet . Bis dahin war es insbesondere darum gegangen , welche Bedeutung einer Teilnahme des Königs an schwedischen Aktivitäten im Ausland kommt und ob es eigentlich positiv für schwedische Exportinteressen ist , einen König dabei zu haben , der - wie Nilsson und andere Kritiker behaupten - eine so schlechte Figur macht , daß es besser wäre , auf seine Anwesenheit zu verzichten . 
Es waren Wallenberg und von Platen , die vorrückten , den König zu verteidigen - gleichzeitig bemerkte von Platen aber ganz richtig , daß keine demokratische on , auch nicht der König , erwarten kann , von sachlicher Kritik verschont zu bleiben . Die bemerkenswerte Pressechefin des schwedischen Hofes , Elisabeth Tarras - Wahlberg war gezwungen , sich in den dionachrichten ein erbittertes Duell mit Nilsson vom Expressen zu liefern . Und das letzte Wort ist noch nicht gesprochen . 
Elisabeth Holte 
¿tflmpofim 
5 . April 1994 
Europäische Union und norwegische Identität 
Paradox : Eine Mitgliedschaft wird die regionalen Besonderheiten in Norwegen verstärken . 
Was geschieht mit unserer schen Identität , wenn Norwegen Mitglied 
der Europäischen Union wird und diese sich weiter in eine übernationale tung entwickelt ? Ich glaube , die Antwort ist relativ einfach : Wir haben wenig zu fürchten , ganz gleich wie stark sich die transnationalen Organe der EU auch wickeln werden . Die Identität ist nämlich so tief in den meisten Menschen zelt , daß sie in überraschend geringem Ausmaß von politischen Beschlüssen einflußt wird . 
Die Entwicklung in Westeuropa liefert dafür überzeugende Argumente . In den letzten ein - bis zweihundert Jahren den zwar unbestreitbar neue , starke nale Identitäten geschaffen , aber die tionellen regionalen Bindungen bestehen nach wie vor . In Großbritannien definiert man sich noch immer vor allem als Engländer , Schotte oder Waliser . nale Besonderheiten sind keineswegs blaßt zugunsten einer höheren britischen Einheit . 
Die Debatte um die Unabhängigkeit Schottlands zeigt außerdem , daß die EU - Mitgliedschaft vielleicht eher stimulierend als schwächend auf regionale lungen gewirkt hat . Ähnliche gen können wir in Spanien bei den ken und Katalonen , in Belgien bei den Wallonen und Flamen und in Italien gesichts der Gegensätze zwischen Nord und Süd beobachten . In Deutschland sind die Länder in den letzten ten zunehmend stärker geworden und auch im zentralistischen Frankreich gibt es dezentralistische Tendenzen . 
In Osteuropa führte die Unterdrückung durch Zentralmächte zu gewaltsamen aktionen , besonders im ehemaligen slawien und der Sowjetunion . Selbst tester totalitärer Druck konnte nationale bzw . regionale Wurzeln nicht ausrotten . Sobald sich die politische Gelegenheit bot , blühten alte Staaten und Regionen wieder auf . Kulturen , die viele schon geschrieben hatten , erwiesen sich als höchst lebendig , allzu lebendig , wie es wohl viele aus heutiger Perspektive zudrücken versucht sind . 
Die größte Gefahr für regionale tität liegt nicht in totalitärem Druck , dern wahrscheinlich eher in den tisch - demokratischen Marktkräften . In den USA ist es in hohem Maße gelungen , höchst ungleiche Einwanderergruppen zu Amerikanern zu „ verschmelzen " . trachtet man das Ganze aber etwas 
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NORDEUROPA 
forti» !
	        
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