Full text: (1994)

DÄNISCHE JAHRESWENDE : 
Von königlichen Teckeln 
Nicht die Europäische Union , nicht der Europäische Wirtschaftsraum bestimmte die innenpolitische Debatte in Dänemark zum Jahreswechsel 1993 / 94 . Nein , die Nation wurde vereint in der Suche nach einem königlichen Hofhund . 
Patrick Vonderau 
Die Damen bei der Post sind vergnügt wie nur einmal in zwölf Monaten , die Neujahrshütchen wackeln auf den Köpfen : wieder ein Jahr in den Sack gesteckt . Im markt ist die Zeit der Weihnachtsmänner ( drei zum Preis von nem ) unwiderruflich vorbei , die Hektik aber größer als zuvor ; Hüte trägt man auch , aber die Gesichter der Verkäufer sind womöglich noch länger als die Schlangen vor den Kassen . Kein Grund zur Freude ? Einen amerikanischen chocolate santa gibt es noch , aber den will jetzt keiner mehr haben . Drei tiefgefrorene Hühnchen chen ihren Weg über das Fließband , ner unzufriedenen Dame hinterher , drei zum Preis von einem ? Was läßt die nonenschläge so bitter hallen , schon Stunden vor dem alljährlich so denden Augenblick des Jahreswechsels . 
Godt Nytár , verkündet schließlich die Rathausuhr , und mehrere nen Kronen lösen sich in bunten ergarben über den Köpfen auf dem Râdhusplads in Luft auf . Die meisten Dänen bleiben mit beiden Füßen auf dem Boden , wenn auch viele in diesen ersten Minuten des neuen Jahres nicht mehr richtig stehen können . Noch niger nüchtern geht es auf der Knip - pelsbro zu , wo einige junge Leute aus Christiania und Umgebung ein tives Feuerwerk für Angehörige der Polizei veranstalten . Nach einigen Mo - lotowcocktails wird die Bar jedoch von den Beamten abgeräumt . Warum diese Bitterkeit ? Wie kommt es , daß die ansonsten doch so lebenslustigen Dänen hier plötzlich über ihren inneren Schweinehund stolpern , oder ist er ihnen gar entlaufen ? 
Die Antwort auf diese Frage ist wie so oft im dänischen haus zu finden . Laut Angaben von Jyllands - Posten hatte man in königlichen Kreisen bereits zum Weihnachtsabend die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Zenobie aufgegeben . Wie der nalen Presse bekannt , war Zenobie am 26 . Oktober 1993 
während eines Spaziergangs mit Prinz Henrik im Grisbskov unter mysteriösen Umständen verschwunden . Während Prinz Henrik kurz darauf wieder unversehrt auftauchte , fehlt von Zenobie trotz aktiver Suche der gesamten dänischen Bevölkerung seither jede Spur . 
Das Verschwinden des Dackels ( denn um einen solchen delt es sich ) ist nicht nur eine königliche , sondern auch eine nenpolitische Katastrophe . „ Es gibt wohl nichts Dänischeres , als in einem Provinzhafen zu stehen und der Vertäuung der königlichen Yacht „ Dannebrog " beizuwohnen , worauf dann ein weißgekleideter Matrose rasch von zwei Dackeln mit Laternenpfählen im Visier den Landgang gen wird " , schreibt Jyllands - Posten . Und des ehemaligen Außenministers Uffe Ellemann Jensens frühere schaft für Teckel - inzwischen ist mann ja zu sowohl einer bequemeren politischen Position als auch zu Katzen übergegangen - ist ebenso bekannt wie die des ehemaligen radikalen nisters Hilmar Baunsgaard , der hin durchsetzen konnte , daß sein beiner „ selbst in der Oppositionspresse als Reichshund bezeichnet wurde " . Die Kopenhagener Ny Carlsberg Glypotek , sonst ein seriöses Museum für u . a . sche Kunst des 19 . und 20 . derts , rundete das Bild auf kultureller Seite mit einer unvermittelten Herbstausstellung über den „ Hund in der Kunst " ab . Der Leser mag seine eigenen Schlüsse ziehen . 
Nun aber erfahren wir von Jyllands - Posten auch , daß die Königin inzwischen im Besitz eines neuen , zehn Wochen gen Hofdackels namens Celiméne ist . Weiterhin erfahren wir , daß sie die nach der Hauptfigur in Molières „ Menschenfeind " benannte Celiméne bereits am Weihnachtsabend von Prinz Henrik verehrt bekam . Wenn wir das nur früher gewußt ten ! 
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