Full text: (1994)

gen an diese ehemaligen SS - Angehörigen werde abgesehen , wenn der Betreffende nachweislich an Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt war . 
Die Argumentationen gegen eine schnelle und zügige Hilfe für die schen Überlebenden waren gegen vielfältig und in ihrer Vielfältigkeit zynisch . Die troffenen - als heutige Bürger eines damals nicht den Staates - hätten nicht gemäß bis zum 31 . 12 . 1969 nen Antrag auf gungsleistungen gestellt . Die Wohnsitzvoraussetzungen seien nicht gegeben . Als ehemalige Bürger der Sowjetunion hätten sie Leistungen aus den dorthin gezahlten Reparationen ten können . Heute seien setzliche Grundlagen für eine einmalige Entschädigung oder eine laufende finanzielle stützung eben nicht mehr handen . Exemplarisch lierte es Bundesfinanzminister Theo Waigel in einem Brief an den CDU - Abgeordneten und Kollegen Freiherr von Stetten : „ Gesetzliche oder liche lungen zugunsten von NS - Op - fern in den baltischen Staaten bestehen nicht . Ihnen eigene Entschädigungsansprüche zuräumen , halte ich auch nicht für sinnvoll . Dies würde im gensatz zum bisherigen System der deutschen Kriegsfolgen - und Entschädigungsregeln hen und ganz erhebliche rungen von Betroffenen aus dem ten Ostblock auslösen . . . " Eine tung , die der Vorsitzende des Vereins ehemaliger jüdischer Ghetto - und KZ - Häftlinge Lettlands , Alexander mann , in einem Antwortschreiben für sich in folgende Frage übersetzte : „ Wie ist es nach sittlichen Maßstäben zu teilen , wenn man Ertrinkenden einen Rettungsring entsagt , nur weil es noch gendwo andere Ertrinkende gibt und die Zahl der Rettungsringe für alle nicht reicht ? " 
Versprochen wurde stattdessen von der Bundesregierung „ humanitäre Hilfe in Form zukunftsorientierter 
gen " , so die amtsdeutsche Formulierung . Darunter ist die Unterstützung ( l ) bei der Errichtung von Sanatorien oder men oder die Lieferung von ten zu verstehen . Ein Ansinnen , daß die Betroffenen in dieser Form bisher abge - 
Das Jüdische Museum in Vilnius 
lehnt haben , geht es ihnen doch nicht um eine späte „ humanitäre Geste " , sondern um die Chance , die verbleibenden - Jahre ihres Lebens in Würde zu verbringen . Alexander Bergmann : „ Wir werden mit niger Dankbarkeit Hilfe entgegennehmen und sie als gerechten Akt der gung für den uns angetanen materiellen Verlust betrachten . Jedoch , wir brauchen keine Gnadengeschenke , wir bitten um keine Almosen . " 
Parteienübergreifende Initiative 
Wenn in der vergangenen periode vom Bundestag doch noch eine 
Entschließung verfaßt wurde , in der die Bundesregierung angemahnt wird , sätzlich zu pauschalen , humanitären Leistungen den überlebenden eine viduelle Unterstützung für ihre bende Lebenszeit zu gewähren , so liegt das vor allem an dem schier unermüdlichen Engagement einer Handvoll Journalisten , die nicht aufgehört haben , über diese skandalöse und menschenverachtende Kleinkrämerei zu berichten sowie an den Aktivitäten einzelner Abgeordneter , die über die Parteigrenzen aus immer wieder auf diesen Sachverhalt hingewiesen ben . Zu erwähnen sind hier etwa die Aktivitäten des CDU - Abgeordneten gang Freiherr von Stetten , der nicht nur einen bergreifenden Deutsch - tischen Parlamentarischen Freundeskreis gegründet hat , sondern es sich nicht nehmen ließ , jeden nen Abgeordneten lich „ anzubetteln " ( so seine eigene Formulierung ) , damit vorerst wenigstens private Geldmittel den Betroffenen zukamen . Geht alles gut , könnten diese privaten sungen bald durch reguläre Zahlungen aus einem eigens dafür geschaffenen Fond für gen ersetzt werden . Berücksichtigt man doch , daß die ersten tarischen Beratungen für eine gende Hilfestellung für die wenigen , noch lebenden jüdischen Opfer des tikums aus dem Jahre 1990 datieren , läßt sich erahnen , wie lange es noch dauern wird , bis aus der nun versprochenen fe - sowohl in Form eines ten Altersheimplatzes als auch einer zu zahlenden monatlichen Unterstützung - real etwas wird . Stattdessen ist zu fürchten , daß Margers Vestermanis Recht behalten wird , der für den Fall , daß er und andere Betroffene gungen erhalten würden , erklärte : „ Ich denke , wir werden den deutschen Staat nicht sehr lange belasten . " ■ 
Nr . 4 , 1994 
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