WAHLEN IN SCHWEDEN :
Links im Aufwind
Interview mit Gudrun Schyman
NORDEUROPAforum : In Deutschland wurde das schwedische Wahlresultat oft als eine „ Flucht nach links " tiert , als eine Sehnsucht der Schweden nach ihren alten Verhältnissen . Ist das auch Ihre Aufässung , und wie beurteilen Sie den Ausgang der Wahlen ?
Schyman : Nein , das ist überhaupt nicht meine Auffassung . Die Wahlen zeigen deutlich , daß man Gerechtigkeit und darität haben will . Das heißt nicht , daß man „ alte Verhältnisse " möchte , sondern daß diese Werte überleben sollen in einer neuen Zeit , in der wir uns zweifellos finden . In einer Zeit , die große Aufgaben in der Ökonomie sowie der Ökologie zu lösen hat . Aber wir brauchen für die sung dieser zentralen Probleme nicht den Gerechtigkeits - und Solidaritätsgedanken aufzugeben . Dieses ist das klare nis der überwiegenden Mehrheit der schwedischen Bevölkerung , daß wir in ner neuen Zeit an diese Werte fen haben .
NORDEUROPAforum : Woraus erklärt sich der Aufschwung der Linkspartei , der sich auch besonders in den wahlen gezeigt hat mit einem der besten Ergebnisse in der Nachkriegszeit ?
Schyman : Ja , man könnte einfach sagen - wir machen eben eine gute Politik ! Eine Politik , die wir allerdings nicht immer ten . Es sind gerade in den letzten Jahren einige Dinge innerhalb der Partei und in der Parteipolitik geschehen . Das gende Ereignis war der Parteitag 1993 , auf dem der Parteivorsitz wechselte . Die schlüsse , die angenommen wurden , kierten eine Erneuerung der Partei . Die Geschichte der Partei wurde offengelegt und damit der ganze Rucksack , gefüllt mit nicht nur „ glänzenden " Ereignissen ,
net . Unabhängige Historiker sitzen nun in den Archiven und arbeiten die schichte auf . Wir präsentierten ein buch und benannten sehr klar , wo die Fehler in der Vergangenheit lagen . Da war die Doppelmoral in der Parteiführung , - zum Beispiel wurde die Demokratie in der Gesellschaft und auch in anderen Ländern kritisiert aber innerhalb der Partei nicht praktiziert . Wir haben also das Bedürfnis , unsere eigene Geschichte offen auf den Tisch zu legen und sie auch in der lichkeit zu diskutieren . Wir veränderten unseren Namen , ersetzten Vänsterpartiet Kommunisterna ( Linkspartei - sten ) mit Vänsterpartiet ( Linkspartei ) . Das ist Ausdruck unseres Bestrebens , eine sozialistische Partei zu etablieren , d . h . eine moderne , radikaldemokratische , zialistische Partei .
NORDEUROPAforum : Gibt es denn noch Unterschiede zu den kraten ?
Schyman : Natürlich gibt es Unterschiede . Das eine ist die eben kurz beschriebene Auseinandersetzung mit der heit und die deutliche Markierung , daß wir eine Linkspartei sind mit einer kratisch sozialistischen Ausrichtung . Wir sind keine kommunistische Partei . Das andere ist der Inhalt unserer Politik , eine Politik , die auf drei Säulen steht . Die eine ist , daß Fragen der Gerechtigkeit und der Verteilung weiterhin aktuell sind , das heißt , daß die Auseinandersetzung schen den sozialen Gruppen in der schaft fortbesteht . Das zweite ist , daß wir eine grüne Partei sind . Die Ökologie ist also die zweite Säule in unserer Politik . Wir gehen davon aus , daß ein les materielles Wachstum , wie bisher tiziert , nicht wünschenswert für Schweden oder für die ganze Welt ist . Wir müssen
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Gudrun Schyman , Vorsitzende der
Linkspartei Schwedens
mit den Ressourcen der Erde haushalten ; wir müssen lernen , auf eine andere Art und Weise zu leben . Wir müssen uns zurücknehmen . Das war für uns eine wichtige Frage im Wahlkampf . Das heißt also , wir sind zum einen eine tei , die auf eine gerechte Verteilung in der Gesellschaft orientiert ist , zum zweiten eine grüne Partei , und der dritte Punkt ist , daß wir auch eine Frauenpartei sind . Wir artikulieren sehr deutlich , daß die Frauen zu den benachteiligten Schichten in der Gesellschaft gehören . Gerade im kampf hatten wir zum ersten Mal die Möglichkeit , unsere Politik so umfassend zu präsentieren . Diese Möglichkeit hatten wir in der letzten Wahlperiode nicht , wir waren für die Massenmedien nicht sant gewesen . Auch unser Auftreten im Parlament war sehr schüchtern . Wir ben keine eigene Zeitung . Viele Menschen hatten überhaupt keine Ahnung von uns . Im Wahlkampf hörten sie uns nun zum sten Mal , sahen eine neue de , die Probleme und Fragen aufwarf , die sie als „ Neuheit " empfanden . In unserem Wahlkampf wurde auch deutlich , daß wir sparsam mit den Finanzen , mit dem haltsbudget umgehen wollen , sparsam mit den Ressourcen der Natur .
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