Kirchenmusiker , der dem Flüchtlingspaar lieber wehmütig Bach vororgelt , als sich beim Ministerium für sie zu verwenden . Der Arzt , der umsonst behandelt , die Frau aus der Nachbarschaft , die den gen Sohn vorübergehend in Pflege nimmt , während sich ihr Nazi - Bruder vor dem „ denschwein " ekelt .
Dem Anspruch , Verhalten tisch darzustellen , entspricht eine misierung der Personen . Im Laufe der Erzählung werden die Namen der ge genannt : Otto Rosenberg , seine Frau Agnes , ihr Sohn Elias , Nathan Feldsmann , der Bruder . Solche Konkretisierungen den aber immer gleich zurückgenommen ; im nächsten Abschnitt sind sie wieder nur der Mann , die Frau , das Kind . Die bewußte Distanzierung vermeidet eine vorschnelle emotionale Vereinnahmung . Dadurch ben aber auch die Personen , und zwar die Opfer wie die Täter , überwiegend fremd und gewinnen keine Tiefe . Die che Darstellung bedient sich gewollter und rasch abgenutzter Bildungen wie „ der ewig Durstige " , „ der Braungekleidete " , „ die Übermüdete " , um nur wenige zu nennen .
Der Stil zitiert die bewußte Einfachheit der deutschen Nachkriegsliteratur , deren sogenannter „ Kahlschlag " die Sprache mals auf das zurückführen sollte , was an ihr
echt und glaubwürdig ist . Diese stilistische Reduktion stellt hohe Ansprüche an die Präzision der Sprache . Leider ist auch die streckenweise flüchtige Übersetzung der sensiblen Einfachheit oft nicht gewachsen . Am meisten Kontur gewinnt noch die Frau , der innerhalb der szenischen Collage aus dem „ Land des wechselnden Lichts " neben ihrem Bruder die breiteste gende Darstellung eingeräumt wird . Sie ist nicht nur gegenüber der isländischen welt sozial isoliert , sondern auch der schlossenheit ihres autoritären Mannes geliefert . Sie , in der Stadt allein , und ihr Bruder , allein auf dem Land , stehen für die Verlorenheit des Individuums in einer sellschaft , die sie aufzunehmen nicht bereit ist . Als die Familie schließlich von der zei abgeholt wird , siegt die üble Nachrede und das kollektive , selbstgerechte nehmen im Mißtrauen gegenüber genen : „ Es wurde geraunt , daß diese Leute sich verschiedenes zu schulden hätten kommen lassen und die Polizei sie gen hätte mitnehmen müssen . Nicht nug damit , daß diese Leute unansehnliche Taschen , häßliche Brieftaschen und beutel hergestellt hatten ( . . . ) Irgend mand hatte noch dazu behauptet , daß se Leute höchstbietend Kinder verkauften , und hierfür lägen zuverlässige Beweise vor ,
sowohl isländische als auch ausländische . Der Mann hatte außerdem kohlschwarze gen , irgend jemand hatte das sofort bemerkt . "
Mit seinem Buch begehrt Einar Heimisson gegen eine Haltung auf , die sich in der fassung gefällt , man habe immer scholten auf der richtigen Seite gestanden . Tatsächlich war die isländische Nazi - Partei als Organisation nicht sonderlich reich ; trotz eines Vielfachen an gen bei den Aufmärschen ( vor allem zum 1 . Mai ) erreichte die Partei nie mehr als gut 300 Mitglieder . Ihre Anhänger waren wiegend minderjährig , womit auch das schlechte Abschneiden bei Wahlen ( 1934 in Reykjavik 1 , 4% ) zusammenhängt . Das Buch will dagegen demonstrieren , daß es auch auf Island neben dem mehr oder weniger programmatischen Antisemitismus eine tägliche Fremdenfeindlichkeit gab , die vor Flüchtlingen aus Nazi - Deutschland nicht halt machte : „ Sie tragen das Kainszeichen , Nathan , sagte sie . Das werden sie niemals wieder los " , heißt es am Ende . Die tizität der Schicksale übt dabei vor allem den Zwang zur Auseinandersetzung aus . Diese Brisanz hat das Buch nicht für ein deutsches Publikum ; es führt aber in eine weniger bekannte isländische Geschichte ein .
Andreas Vollmer , Berlin
Bernd Groß / Peter Schmitt - Egner
Europas kooperierende Regionen
Rahmenbedingungen und Praxis transnationaler Zusammenarbeit deutscher Grenzregionen in Europa
Als Konsequenz der Renaissance des europäischen Regionalismus und der Vision eines »Europa der Regionen« wurde in den letzten Jahren die grenzüberschreitende Zusammenarbeit europäischer Regionen auf eine neue Ebene gehoben .
In der vorliegenden empirischen Studie wird die interregionale und transnationale Zusammenarbeit in Deutschland im Hinblick auf ihre rechtlichen , organisatorischen und inhaltlichen Strukturen einer vergleichenden Analyse unterzogen . Die Praxis grenzüberschreitender Kooperation wird systematisch katalogisiert und in einen theoretischen Ansatz eingeordnet . Einen Sonderaspekt nimmt dabei die Saar - Lor - Lux - Region ein .
Auf dieser Basis wird nicht zuletzt die Frage erörtert , inwiefern »transnationaler Regionalismus« ein binneneuropäisches gungsmodell zur Lösung von Konflikten im künftigen Europa sein kann . Die Studie bietet daher nicht nur dem europa - bzw . tischen Praktiker eine systematische Grundlage für die tägliche Arbeit , sondern wendet sich auch an alle , die an der architektonischen Gestaltung des künftigen »Europa der Regionen« interessiert sind .
1994 , 139 S . , brosch . , 44 , - DM , 343 , 50 öS , 44 , - sFr , ISBN 3 - 7890 - 3370 - 7
H Nomos Verlagsgesellschaft • Postfach 610 • 76484 Baden - Baden
Nr . 3 , 1994
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