schlug . Doch waren sie bei weitem nicht die einzigen emigrierten Intellektuellen , die hier Zuflucht suchten . Neben ihnen nen Walter Benjamin , Hanns Eisler , Harald Isenstein , Fritz Lipmann und Wilhelm Reich genannt werden - aber auch viele andere , deren Namen und Leistungen heute nicht ( mehr ) im Gedächtnis der deutschen fentlichkeit bewahrt werden .
Viele von ihnen fanden Rat und stützung bei der Schriftstellerin Karin Michaelis , die einst eine der zentralen manistischen Persönlichkeiten des len Lebens in Europa war , oder bei dem Schriftstellerkollegen Martin Andersen Nexo . Da er wegen seines politischen gagements aber von vielen Seiten misch boykottiert wurde , fühlte er sich weilen selbst als Emigrant im eigenen Land . 1934 urteilte er : „ Die Luft in Dänemark ist muffig , sie schmeckt nach Schimmel . " dersen Nexo machte auch keinen Hehl aus , daß die geringe Unterstützung , die die Emigranten in seiner Heimat häufig fanden , nicht auf Unwillen seitens der Bevölkerung beruhte , sondern überwiegend auf kenntnis dessen , was südlich der grenze überhaupt vor sich ging .
Arbeitserlaubnisse wurden an Emigranten in Dänemark seinerzeit nur erteilt , wenn das zu keiner Verdrängung dänischer Arbeitskraft führte . So mußte manch einer von ihnen eine unglaubliche Phantasie bei der tung seines Lebensunterhaltes entwickeln . Stellvertretend für viele kann der Berliner bliothekar Hans Rütting angeführt werden . Auch er stieß bei den Dänen auf eine große Unwissenheit über ihre südlichen Nachbarn . Der einstige Wandervogel zog nach 1935 jahrelang mit einem Kasperletheater durch die neue Heimat . Nach und nach ergänzte er seine Tätigkeit durch antinazistische Vorträge über Deutschland . Auf diese Weise lernte er Dänemark frühzeitig kennen - und schätzen . Seine Sympathie für das Land spiegelte sich alsbald in einer neuen „ dänischen " bensanschauung wider : Sie fand für ihn in den Worten Crundtvigs „ frei zu denken , sprechen , glauben " einen konzentrierten Ausdruck . Wie viele andere seiner nossen wurde auch Rütting ein „ Däne mit Hindernissen " .
Die meisten der in dem Band Exil in mark vereinten Beiträge sind biographisch gelegte Artikel über einzelne Emigranten . Nur einige wenige bieten umfassendere lungen über deren Tätigkeiten auf ten Fachgebieten der Naturwissenschaften ,
Gesellschaftswissenschaften und Künste . Die einzelnen Artikel variieren , sowohl was fang als auch Informationsgehalt angeht , stark voneinander . Die meisten sind jedoch nicht länger als drei , vier Seiten . Somit eignet sich der Band vor allem als Nachschlagewerk , das einführende Informationen zu einer ganzen Reihe von emigrierten Wissenschaftlern und Künstlern nach 1933 vermittelt . Unterstrichen wird der Charakter des Buches durch die den einzelnen Artikeln jeweils nachgestellten weise auf Veröffentlichungen von und über die betreffenden Emigranten . Ein ausführliches Personenregister am Ende des Bandes licht einen gezielten , artikelübergreifenden Zugriff .
Zweifellos haben die Emigranten zur Zeit des deutschen Nationalsozialismus große deutung für Dänemark erlangt . Obwohl die meisten von ihnen hier oft unter widrigen Umständen leben mußten , hat das Land wichtige Anstöße durch sie bekommen . So halten Willy Dähnrich und Birgit S . Nielsen in ihrem einleitenden Übersichtsartikel auch umwunden fest : „ Es wäre gewiß kein Opfer , sondern ein großer Gewinn gewesen , wenn man mehr Emigranten aufgenommen und sie besser behandelt hätte . " Das sind klare Worte , die man sich angesichts der säglichen Asyldebatte des letzten Jahres und der grassierenden Ausländerfeindlichkeit in Deutschland auch hierzulande zu Herzen nehmen sollte .
Raimund Wolfert , Berlin
EXIL IN ISLAND :
Winterland
„ Sie sog die Seeluft in sich ein , als das Schiff schließlich in den Hafen einfuhr . Sie stand mit dem Kind an Deck und wunderte sich darüber , daß es hier gar nicht so kalt war .
Viel wärmer als in Deutschland . "
Ende 1935 emigriert eine Familie scher Juden nach Island . Der Mann , vor Besitzer eines Radiogeschäftes in Berlin , war vorausgefahren , um den Umzug der nach der Enteignung nahezu mittellosen Familie vorzubereiten . Jetzt folgt ihm seine Frau mit dem neugeborenen Sohn in das
von der Wirtschaftskrise der Vorkriegsjahre geplagte Reykjavik .
Einar Heimisson
Ins Land des Winters
Erzählung . Aus dem Isländischen von ver Nyul
Leipzig : Forum Verlag , 1993
140 S . , DM 24 , 80 .
Einar Heimissons Buch beschreibt den Versuch der Flüchtlinge , in dem fremden Land eine neue Existenz aufzubauen . Mit einer Nähmaschine für Leder erreichen sie eine ärmliche wirtschaftliche Grundlage , dem sie Portemonnaies und später Taschen herstellen . Im Herbst 1936 fliehen auch der Bruder und die Mutter der Frau aus Deutschland . Der Bruder verdingt sich im Hafen und wird zum Kohlenschaufeln gestellt . Als er abgeschoben werden soll , geht er aufs Land , wo er unter unwürdigen Bedingungen ausgebeutet wird . Er flüchtet sich wieder in die Stadt , wird aber sofort festgenommen und in die deutsche Botschaft gebracht . Der dortige Beamte läßt ihn laufen , so daß er nochmals aufs Land entkommt . Seine Schwester hat inzwischen ein zweites Kind geboren , von dessen Geburt , geschwächt durch die während schlechte Ernährung , sie sich nur langsam erholt . Auf die Denunziation eines wirtschaftlichen Konkurrenten hin wird im Februar 1937 die Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert . Die Familie wird nach Deutschland ausgewiesen ; allein der Bruder und die Mutter verbleiben in Island .
Hintergrund der Erzählung , die ten Zeitangaben lassen es schon vermuten , ist ein authentischer Fall . Indessen siert Einar Heimisson weniger das Verhalten konkreter historischer Personen als das ma verdeckter oder offener lichkeit und eines latenten Antisemitismus' . In einer Vielzahl von Einzelszenen werden die unterschiedlichsten Reaktionen auf die Not der Flüchtlinge gezeigt . Die eifrigen ländischen Polizisten zum Beispiel , die den zerlumpten Bruder aufgreifen und hend den Deutschen ausliefern . Der sche Botschaftsmitarbeiter , der es vorzieht , unter einem Bild von Bismarck zu sitzen und den Juden wieder untertauchen läßt . Kinder , die gnadenlos die Schwäche des sozial Geächteten mit dem Hitlergruß kosten . Der ebenfalls isolierte Kommunist , der von einer Revolution faselt , dessen darität aber erschöpft ist , nachdem er sich eine Flasche Schnaps „ geliehen " hat . Der
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