BERICHTE & ANALYSEN
Ehemalige Schleswig - Holsteiner aus Israel auf dem jüdischen Friedhof in beck - Moisling vor den Gräbern von Häftlingen des KZ Bergen - Belsen , Mai 1991
Auf Einladung der schleswig - schen Landesregierung haben mehrere Gruppen jüdischer ehemaliger rinnen und Mitbürger die „ alte Heimat " besucht , die viele von ihnen seit mehr als 50 Jahren nicht gesehen hatten . Viele ser jüdischen ehemaligen Schleswig - steiner , die einst der Massenvernichtung entronnen waren , hatten tiefe und große Bedenken , eine solche Einladung nehmen . Ängste und Hemmungen waren zu überwinden . Aber mit ihrem Kommen setzen diese Menschen ein Zeichen der Aussöhnung und Gesprächsbereitschaft .
Viele Spuren jüdischer Kultur und schichte sind im Laufe der Zeit gangen , viele hat der Strom der Zeit auch waltsam zerstört . Die am besten erhaltenen Zeugen jüdischer Kultur in Schleswig - stein sind heute Friedhöfe und Gräber wie beispielsweise in Ahrensburg , Elmshorn , tin , Friedrichstadt , Glückstadt , Kiel , Lübeck und Westerrönfeld . Der Jüdischen Gemeinde in Hamburg obliegt es , das Erinnerungserbe der nicht mehr existierenden kleinen und mittleren Gemeinden Schleswig - Holsteins , die einst über Generationen hinweg sches Leben repräsentierten , als rin jüdischer Tradition zu betreuen und vor dem Vergessen zu bewahren .
Als ein „ Juwel ersten Ranges " , das in Deutschland viel zu wenig bekannt sei , zeichnete im Jahre 1989 eine Gästegruppe des Canadian Jewish Congress das sche Museum ( „ Dr . Bamberger - Haus " ) in Rendsburg . Das bauliche Ensemble der
ehemaligen Synagoge und jüdischen le , das in seiner historischen Bausubstanz erhalten geblieben und in Deutschland ohne Parallele ist , wurde in den 1980er ren mit der Zielsetzung instandgesetzt , hier eine Dokumentationsstelle jüdischer schichte und jüdischen Lebens in wig - Holstein sowie ein aktives Kultur - und Kommunikationszentrum einzurichten . Das Jüdische Museum Rendsburg wurde am 6 . November 1988 eröffnet und dient heute vielfältigen kulturellen Zwecken . Zur Erinnerung an die Pogromnacht des 9 . / 10 . November 1938 finden in dem Haus in Form von Konzerten , Lesungen und stellungen jährlich die Novembertage statt .
Bis vor einigen Monaten schien es noch so , als ob jüdisches Leben in Schleswig - Holstein heute keine Zukunft mehr habe . Doch die Veränderungen in der gangenen Sowjetunion setzen neue nungen frei . Jüdische Emigranten , für die religiöses Leben unter der schaft bisher weitgehend fremd gewesen ist , finden heute den Weg nach land ; sie reisen - mit offiziellen Papieren versehen - in ein Land aus , das ihre lienangehörigen noch vor 50 Jahren folgte und ermordete . Sie verlassen ihre Heimat , lösen sich von ihren bisherigen Bindungen und stehen in der publik Deutschland , die sie auf die nen Bundesländer verteilt , häufig in ger Kälte da . Die ( neue ) Sprache können sie meist kaum oder gar nicht , und die rufliche Situation für die
ge ist zumindest ungünstig ; viele Berufe sind in Deutschland nicht gefragt , viele „ Papiere " werden nicht anerkannt , und Personen in einem Alter von über 50 ren haben kaum Aussichten , jemals einen Arbeitsplatz zu finden .
Die jüdischen Emigranten werden in Schleswig - Holstein auf die Kreise und kreisfreien Städte verteilt . Die Jüdische meinde in Hamburg hat die soziale und ligiöse Betreuung dieses Personenkreises übernommen - ohne sie würden die Neuankömmlinge in einem Behörden - Wirrwarr von Formularen , Anträgen und Ämtern schnell die Orientierung verlieren . In dem alten Gemeinderaum der Lübecker Synagoge wurde eine Sozialstelle tet - sie wurde bei dem Anschlag im April dieses Jahres beschädigt ; ein junger Kantor und eine Sozialarbeiterin betreuen hier die Emigranten . Religionsunterricht findet zwischen - verbunden mit allgemeiner formationstätigkeit - nicht nur in Lübeck , sondern auch in Kiel und Rendsburg statt .
Doch wie schwierig es ist , religiöses Leben nach den rituellen Vorschriften in schaft zu gestalten , zeigt sich , wenn man sich zu Gottesdiensten oder religiösen en in der Lübecker Synagoge treffen will - eine umfassende , das ganze Land de Verkehrsplanung mit ten und längeren Eisenbahnfahrten ist wendig , um alle teilhaben zu lassen .
Verständlich ist daher der Wunsch der Jüdischen Gemeinde in Hamburg , die Emigranten verstärkt in und um Lübeck anzusiedeln , denn dort ist um die ge das neue Zentrum jüdischen Lebens in Schleswig - Holstein . Wenngleich präsidentin Heide Simonis weitgehende Hilfe zugesichert hat , hat dieser Wunsch bei der schleswig - holsteinischen regierung wie auch auf kommunaler ne bisher noch nicht das erforderliche Gehör gefunden .
Es besteht die Hoffnung , daß mit den „ neuen " Menschen wieder eine jüdische Gemeinde in Schleswig - Holstein mit Kern in Lübeck erwachsen kann , die auch das den meisten von ihnen kannte religiöse und kulturelle Erbe aus 250 Jahren vergangener Geschichte tragen kann . Dazu muß auch in Lübeck und Schleswig - Holstein ein Klima schaffen werden , in dem diese zarte ze namens Hoffnung Wurzeln schlagen kann , ohne Furcht haben zu müssen , neut zertreten zu werden . ■
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