Nur wer die Menschen kennt , kann über sie schreiben
Ein Gespräch mit dem isländischen Autor Einar Kärason
Die Maßstäbe , welche die altisländischen Sagas in literarischer Hinsicht setzen , bleiben für die modernen isländischen Autoren und Autorinnen eine Herausforderung . Einar Kärason stellt an sich den Anspruch , an die alte Tradition anzuknüpfen und sie in die heutige Zeit zu übertragen . Die isländische Geschichte des 20 . Jahrhunderts bildet dafür den Hintergrund .
NORDEUROPAforum : Herr Kärason , wir haben Ihre beiden Bücher , Die felsinsel und Die Goldinsel , gelesen und uns gefragt , ob Sie eine allgemeine schichte erzählen oder ob Sie über pisch isländische Probleme und tere beschreiben .
Kärason : Ich habe nicht das Gefühl , daß ich mich in meinen Büchern mit men beschäftige . Ich beschäftige mich mit Charakteren . Aber natürlich spielt die schichte auf Island , und die Charaktere haben isländische Wurzeln . Dennoch bin ich ziemlich sicher , daß auch anderswo solche Charaktere gefunden werden nen .
NORDEUROPAforum : Dennoch hatten wir manchmal das Gefühl , daß der Text sehr isländisch wirkt . Andererseits den sich auch Passagen - wie über die Fußballmannschaft FC 'Kauri die überall in der Welt hätten spielen nen , z . B . in Dublin oder Berlin . Sind Sie wie die Verfasser des deutschen pentextes der Meinung , daß Die sel eine moderne isländische saga ist ?
Kärason : Natürlich ist sie das , auf die eine oder andere Art . Saga ist ein isländisches Wort , und wir haben diese Tradition bei uns . Die altisländischen Sagas sind Teil der Weltliteratur und Geschichten wie die Njdlssaga und Grettis saga waren schon immer meine Lieblingsbücher . Und wenn jemand sagt , daß ich in dieser Tradition schreibe , bin ich natürlich sehr froh . Es
gibt sogar Zitate aus den Sagas . Zum spiel gibt es in der Goldinsel einen Abschnitt , in dem der Erzähler darüber nachdenkt , ob die Bewohner sich im Alten Haus gegen Angriffe verteidigen könnten . Der weitere Verlauf ist bar mit dem Geschehen in der Njdlssaga , nämlich als dort ein Haus niedergebrannt wird . Das ist natürlich ein literarischer Kniff und inhaltlich nicht von großer deutung . Andererseits aber diente diese mittelalterliche Szene als Vorlage für sen Abschnitt in der Goldinsel .
NORDEUROPAforum : Glauben Sie ,
daß es als isländischer Schriftsteller möglich ist , Bücher zu schreiben , ohne das eigene literarische Erbe im kopf zu haben ?
Kärason : Das glaube ich überhaupt nicht , denn wir haben dieses literarische Erbe , und es ist für uns sehr wichtig . Es gab das sogenannte goldene Zeitalter der schen Literatur im 13 . Jahrhundert . Und dann gab es eine literarische Renaissance dieser Zeit mit Autoren wie Halldör Lax - ness . Aber es gab auch einige Leute die ten , daß es für einen modernen schen Autoren unmöglich sei zu schreiben , weil man immer an den alten Sagas sen würde . Meiner Meinung nach ist es so , daß die Sagas aus der goldenen Zeit discher Literatur sehr hohe dards setzten . Moderne isländische ren wie Laxness verglichen ihre Werke immer wieder mit den Sagas und es wäre lächerlich , wenn mein eigener literarischer Anspruch unter der Qualität z . B . der Njäls -
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