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ihre kleinen Geschwister aufzupassen war ihnen höchste Lust , und der bloße Gedanke , als Gegengabe Kinogeld anzunehmen , war ihnen höchst unangenehm . Kurz - ihre Kindheit war eine zige , lange Sonntagsschulgeschichte . Der Dichter kann an mand sonst gedacht haben , als er schrieb : Wir ahnen Fürsten , wo wir Kinder sehen , erwachsne Könige zu finden , ist uns nicht gegönnt .
Meine Kinder , falls ich welche bekomme , werden jedenfalls ne Sonntagsschulgeschichten zu hören bekommen . Wenn sie mit zitternden Knien ihre ersten Mahnungen heimbringen , werde ich sagen : Fürchtet euch nicht ! Den mittelschwedischen Rekord in Schulmahnungen hält immer noch Euer Vater . “
Pippi Langstrumpf liest sich wie die zwingende Folge dieses tikels , Pippi , der niemand sagt , wann sie ins Bett gehen soll und die mit den Füßen auf dem Kopfkissen schläft .
Astrid Lindgren wird nicht müde zu fordern , daß die Eltern ihren Kindern Liebe und Geborgenheit geben sollen , Sicherheit und Vertrauen . Sie ist mit A . S . Neill , der 1921 die legendäre Schule Summerhill gründete , der Meinung , daß Kinder von Grund auf gut sind , sie vertraut auf deren Fähigkeit , sich eine ne Meinung bilden zu können - und zwar die richtige . Sie gesteht dem Kind eine Freiheit zu , die ausschließlich in der Freiheit des Mitmenschen und in der Verantwortung für sich selbst und andere ihre Grenze findet . Achtung und Respekt der Menschen der , auch der Erwachsenen vor den Kindern , sind für Astrid gren Schlüsselworte . „ Fordert Eure Kinder nicht im Zorn heraus ( . . . ) Behandelt sie etwa mit derselben Rücksicht , die ihr Euren wachsenen Mitmenschen zwangsläufig zeigen müßt . Gebt den Kindern Liebe , mehr Liebe und noch mehr Liebe , dann kommt die Lebensart von selbst . “
Lebensweg
Ihr eigener Lebensweg scheint dies zu bestätigen : Astrid Anna Emilia Ericsson wurde am 14 . November 1907 auf Näs in Smä - land geboren . Gern erzählt sie ( nicht zuletzt in ihren Büchern ) , welch glückliche Kindheit sie als Bauerntochter mit ihren schwistern , als Kind einander liebender Eltern verlebte . Glücklich , obwohl - oder doch besser : weil es neben der Freiheit , die die tern ihren Kindern ließen , auch Arbeit und Pflicht gab . Verglichen mit heutigen Kindern mußten sie sogar viel arbeiten . Aber man kann in Die Kinder aus Bullerbü nachlesen , wie man selbst Pflichten wie Rübenverziehen ein Maximum an Spaß abgewinnen kann . Daneben existierten Respekt und Freiheit . Astrid Lindgren berichtet , daß sie nie geschimpft wurde , wenn Kleider verschmutzt oder zerrissen waren - die Mutter setzte voraus , daß es nicht sichtlich geschehen war und besserte die Sachen schweigend der aus . Hatten die Kinder ihre Aufgaben erledigt , dann hatten sie auch wirklich frei . Dann durften sie toben , Geheimnisse haben , Entdeckungen machen und das Leben und die Natur genießen . Man lese Kalle Blomquist . . .
Durch Astrid Lindgren selbst wird deutlich , was bei solcher ziehungsmethode „ herauskommt“ : Glaube an sich selbst , courage und Verantwortung . Immer wieder greift Lindgren Fragen auf und tritt an die Öffentlichkeit , wenn sie der Meinung ist , es müßte etwas geschehen ; so auf den Gebieten Kindererziehung , gendliteratur , das schwedische Steuerwesen , Tierschutz . antwortung zeigte sie nicht zuletzt , als sie , mit 19 Jahren schwan -
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ger geworden , ihr Leben selbst in die Hand nimmt , nach holm geht und für sich und ihren Sohn die beste Lösung sucht , eine Lösung , bei der das Wohl des Kindes selbstverständlich an erster Stelle rangiert .
In Stockholm macht sie eine Sekretärinnenausbildung und nimmt danach eine Stelle in einem Büro an . Über diese Zeit richtet sie : „ Mehrere Jahre schuftete und arbeitete ich sehr viel , aß sehr wenig und begann gleichzeitig zu denken . Ich begann zu erkennen , daß die Welt gar nicht so war , wie sie sein sollte . Ganz im Gegenteil . Beinahe alles war falsch , und die Menschen waren unglücklich . Ich las Strindberg , der sagte , es sei schade um die Menschen . Das fand ich auch . “ 1929 fällt ihr Im Westen nichts Neues in die Hände : „ An den Abenden lag ich in nem Bett und las , und danach kroch ich unter meine Decke und weinte aus Verzweiflung , und ich dachte in meiner lung darüber nach , was ich tun könnte . Was soll ich machen , damit es niemals wieder Krieg geben müßte ? “ Und als sie mit 26 in der Zeitung von der Bücherverbrennung in Berlin liest , schreibt sie : „ Da verstand ich . Ich begriff , daß man nicht in Ruhe abwarten und glauben konnte , daß die Welt sich bessern würde . “
1940 , sie ist inzwischen verheiratet und Mutter zweier Kinder , bekommt Astrid Lindgren eine geheime Anstellung bei der zensur des Nachrichtendienstes . Sie macht sich in ihrem buch Luft : „ Deutschland ist wie ein bösartiges Untier , das in gleichmäßigen Abständen aus seiner Höhle hervorgeschossen kommt und sich auf ein neues Opfer stürzt . “
Autorin und Lektorin
15 Jahre später schreibt sie über Pippi Langstrumpf : „ Wenn ich jemals beabsichtigt hätte , die Figur der Pippi zu etwas anderem als der Unterhaltung meiner jungen Leser dienen zu lassen , so wäre es dieses : ihnen zu zeigen , daß man Macht haben kann , ohne sie zu mißbrauchen . Denn von allen schweren Aufgaben des Lebens scheint mir das die allerschwerste zu sein . Überall wird Macht mißbraucht . Jeder spielt sich als Herr auf , wo er nur kann . Das ginnt in der Kindheit und geht weiter bis zu denen , die Länder gieren . Pippi aber besitzt die Gabe , richtig damit umzugehen . Sie ist mächtiger als jedes andere Kind auf der Welt und wäre durchaus imstande , eine Schreckensherrschaft über Kinder wie über sene ihrer Umgebung auszuüben - aber tut sie das ? Oh nein ! Sie ist einfach nur freundlich , hilfreich und großzügig , und drastische Maßnahmen ergreift sie nur , wenn es unumgänglich notwendig ist . “ Nachdem Astrid Lindgren 1944 , 1945 und 1946 Preise bei den Wettbewerben des Verlages Raben & Sjögren gewonnen hat , holt Raben sie in seinen Verlag . Sie soll zuständig sein für Kinder - und Jugendbücher - und schreibt Verlagsgeschichte . Sie hat keinen Plan , sie will nur einfach die besten Bücher für die schwedischen Kinder verlegen . Durch den jährlich ausgeschriebenen Raben - Kin - derbuchpreis tauchen ständig neue Autoren auf und auch gen , die bereits mit einem Buch Erfolg hatten , bleiben dem Verlag verbunden und bieten ihm ihre neuesten Manuskripte an . Astrid Lindgren muß „ nur“ entscheiden , ob die Bücher gut sind oder nicht . Auf die Frage , wie ein gutes Kinderbuch sein soll , antwortet sie lapidar : „ Man merkt es , wenn man es liest . “ Hierzu lese man in dem Bändchen Das entschwundene Land Astrid Lindgrens nes Zwiegespräch mit einem künftigen Kinderbuchautor .
NORDEUROPA
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