WACHSENDES INTERESSE AN LYRIK :
Nordische Poesietage in Lund
Petra Biesalski - Döll / Carin Rejler
Eine schmächtige Gestalt , allein auf der Bühne , fesselt das Auditorium . Es sind mindestens fünfhundert , die da lauschen . Das Schweigen verdichtet sich . Die Worte des Autors konzentrieren jede Aufmerksamkeit in einem einzigen Punkt .
Görati Sortitevi
Das war der Beginn von „ Nord poesi " , der „ Nordischen Poesietage " Ende vember in Lund . Göran Sonnevi las aus seiner neuesten , der mittlerweile zwölften Gedichtsammlung „ Trädet " , im leisen tertitel auch „ Unvollendete Gedichte ; Zweiter Teil " . Er las von der anderen Wirklichkeit , die wir alle erleben , wenn wir - im Sessel zurückgelehnt - die richten über Kriege und Mißstände da draußen in uns aufnehmen - oder auch nicht . Er las vom Umweltproblem Ostsee ,
von den gotländischen Bauern und von der Liebe zur Liebsten .
Doch er las nicht allein . Ein breites Spektrum nordischer Poesie wurde an diesen zwei Tagen vorgestellt . Der te Norden war vertreten , einschließlich der Färöer , Grönland , Àland und „ land " .
Die etablierte dänische Autorin Inger Christensen , Mitglied der Dänischen demie , glänzte mit prachtvollen Sonetten aus ihrer jüngsten Gedichtsammlung „ Sommerfugledalen " . Norwegen war mit Eldrid Lunden , Finnland u . a . mit Tiina Kaila , Gösta Âgren und dem Übersetzer Martti Soutkari , Island mit der souveränen Steinunn Siguröardottir , dazu ihr discher Übersetzer Per Svensson , ten . Aus Schweden faszinierten Ylva horn , Lennart Sjögren und Ernst Brunner . Doch auch den ganz jungen , den ( noch ) Unbekannten , die ihre neuen , ten Gedichte von losen Blättern lasen , galt die ungeteilte und verdiente keit der Zuhörer . Die grönländische Lyrik erhielt Applaus , auch wenn die meisten cher nur den Rhythmus erfaßten .
Die Veranstaltung ähnelte in mancher Hinsicht den „ Poesiriksdagarna " , den Schwedischen Nationalen Poesietagen früherer Jahre . Das Neue war die nordische Perspektive , für die man sich aussprach . Zum Beispiel in den diskussionen mit Vertretern von ropäischen Verlagen , Literaturinstituten und Massenmedien : Unterstrichen wurde dabei der Gedanke einer Konzentration von Kultur , einer Profilierung innerhalb des nordeuropäischen Raumes . Dennoch muß der Traum von der Distribution ginalsprachiger Literatur in den jeweils nachbarten nordeuropäischen Ländern vorerst wohl ein solcher bleiben - aber
vielleicht ein zu verwirklichender . Der Wille , das Gemeinsame hervorzuheben , ist vorhanden - bei gleichzeitiger Betonung des Variationsreichtums . Durch zung und das Finden eventueller heiten erscheinen erweiterte Kontakte über die Grenzen hinweg möglich . Ein solches gilt auch für die Bestimmung des Platzes Nordeuropas in einem men Europa .
Immer wieder wurde in der Diskussion auch die wesentliche Rolle sichtbar , die die Übersetzer als Kulturvermittler halb des Nordens sowie nach und von dem übrigen Europa spielen . Die digkeit , hier mehr zu investieren , wurde benannt , aber schon bei einem demnächst geplanten Ableger der Lundenser sietage wird diese kulturvermittelnde gabe der Übersetzer im Mittelpunkt hen , nämlich bei Kulturtagen , die vom Lektorat für nordeuropäische Sprachen der Universität Greifswald für Mai 1992 vorbereitet werden und die auf den men „ Nordisk Ton - Nordischer Klang " getauft wurden . Dem deutschen Publikum soll dort Gelegenheit zur Begegnung mit nordeuropäischer Lyrik und Musik ben werden .
Die „ Nordischen Poesietage " in Lund verdienten die ihnen entgegengebrachte Aufmerksamkeit . Es wurde gezeigt , daß sich immer mehr von Lyrik angesprochen fühlen , daß Lyrik ihr Publikum mend außerhalb sogenannter se hat , daß sie Lebensnotwendigkeit und nicht Luxus ist . Das eben Gesagte kann durch einen Verweis auf die Veranstalter nur unterstrichen werden : Nicht etwa denten der Literatur an der Universität Lund standen hinter dem Projekt , sondern Studierende der Fachrichtungen Jura , Ökonomie und Staatswissenschaften . Der Hauptverantwortliche , Ernst Malmsten , studiert Geschichte . Auch der liste kann ein gesteigertes Lyrikinteresse von Outsidern entnommen werden : um sonst hätten sich Käsefirmen , sicherungsgesellschaften und häuser unter kulturelle Institutionen schen sollen ?
Man muß nur - wie die Lundenser denten - investieren . Und man muß es effektiv tun . Dann geht es ! ■
Dr . Petra Biesalski - Döil und Dr . Carin Rejler sind Lektorinnen für Schwedisch an der Universität Creifswald .
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