Full text: (1992)

LEGITIMATIONSPROBLEME : 
Die isländische 
Erziehungsreform 
1966 - 1991 
Die Reform der isländischen Grundschulerziehung war in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren von flikten geprägt , bei denen Innovationen in der isländischen Grundschule ( gemeinsam für alle zwischen ca . 6 - 16 Jahre ) auf andere gesellschaftliche Diskurse und Methoden stießen . Insbesondere führten die Reformideen zu einem nachhaltigen Bruch mit der traditionellen Pädagogik . 
Ingólfur Á . Jóhannesson 
Die Pädagogik vor der Reform 
Als Pädagogik vor der Reform wird im genden der Diskurs über Erziehung und ziehungsmethoden in Island bis Anfang der sechziger Jahre verstanden , in der Zeit vor Einrichtung des Skolarannsóknadeild ( einer Abteilung im isländischen um , die in etwa den westdeutschen desinstituten für Curriculumentwicklung entspricht ; d . Ü . ) . Anhand der Schädlichkeit dieser Pädagogik vor der Reform ( messung , Elitedenken u . s . w . ) konstruierten die Schulreformer dann häufig die Weisheit ihrer Ideen und brachten damit der Reihe nach die Ideen und Praxen der bis dahin lichen Pädagogik in die Defensive . Das läßt sich anhand einiger übergreifender Themen zeigen , die sich auf Unterschiede und nuitäten von der Pädagogik vor der Reform zur Reform selbst beziehen . Insbesondere fünf Argumentationsmuster zeigen haft , welche kulturellen Voraussetzungen mit der Reform in Konflikt gerieten : 
Ingólfur Á . Jóhannesson ist schaftlicher Mitarbeiter am College of Education in Reykjavik und arbeitet an einer Dissertation zur isländischen Erziehu ngsreform . 
1 . Das erste Argumentationsmuster besteht in kulturellen Grundannahmen über Wissen und Intelligenz , Auszeichnung und Leistung . In der isländischen sellschaft werden vor allem Individuen , die sich eine riesige Menge an Wissen - kulturelle Bildung in Form von Wissen über Personen und Orte - angeeignet haben , als intelligent gepriesen . Isländer streben einen hohen Grad geistiger dung an , streben nach kenntnissen , nach einem chen Lebensstandard ( im Vergleich mit anderen Ländern ) und nach anderen Leistungen . Wir sind stolz auf unsere umfangreiche Buchproduktion und sere literarische Tradition . Isländische Autoren haben dabei ebenso wie der US - amerikanische Autor Richard F . masson die Meinung vertreten , daß „ die Isländer überwiegend empirisch - nicht ideologisch , theoretisch oder phisch - sind in ihrer Einstellung zur Praxis " und sich nicht damit befassen , ein Verständnis für „ tieferliegende Strukturen " zu entwickeln 
2 . Mit dem Begriff Gemeinde - Pädagogik , der von Thorsteinn Gunnarsson hen ist , läßt sich die „ früher in Island vorherrschende pädagogische Tradition " 
umschreiben . Die isländische öffentliche Schule war ursprünglich ( d . h . im späten 19 . und frühen 20 . Jahrhundert ) nach dem Vorbild des deutschen und schen Schulsystems entstanden . In der öffentlichen Schule trat , wie son schreibt , „ der Lehrer an die Stelle des Geistlichen , die Lehrbücher ten die Bibel und die Schüler ersetzten die ( passive ) Gemeinde . " Gunnarssons Beschreibung des isländischen stems zu Beginn der sechziger Jahre ist eher trübe : „ Es ist meritokratisch , neigt zu klassischer Erziehung , ist lehrer - und fachorientiert und charakterisiert durch die Wissensvermittlung anhand von Lektüre und Rezitation " und „ tet auf nationale Einheit " . 
Island ist lutherisch , d . h . ca . 95 Prozent der Bevölkerung gehören der schen Staatskirche an und ein Teil der restlichen 5 Prozent rechnet zu den abhängigen lutherischen Kirchen . Die historischen Verbindungen zwischen Staat und Kirche sind stark . Nachdem Martin Luther 1517 in Wittenberg seine Thesen am Portal der Burgkirche schlagen hatte , konvertierte ein Großteil Nordeuropas schnell zum mus . 
Die Reformation war bedeutend für die Entstehung der Pädagogik und der fentlichen Erziehung in Island . Das erste gedruckte Buch in Island war im 16 . Jahrhundert die Bibel . Enge gen zwischen der Kirche und dem Staat , der im späten 19 . und frühen 20 . hundert schrittweise von Dänemark abhängig wurde , gewährleisten gängig gute Bedingungen für Luthers „ ideale Situation " , nämlich - so Luke in einer Untersuchung zum deutschen testantismus - daß „ die Familie und die Gemeindemitglieder . . . men und gemeinsam die von gen vorgetragenen Worte der Heiligen Schrift hören " . Nach Loftur Guttorms - sons Untersuchungen war Luthers chismus das „ bei weitem langlebigste Unterrichtsbuch in der Geschichte der isländischen Erziehungspraxis " . Die isländische Institution „ Kvöldvaka " ( wörtlich : die Zeit zwischen rung und Zubettgehen ) wurde das tigste Mittel der religiösen und len Erziehung . Zur Kvöldvaka saßen die Familienmitglieder , Bedienstete und dere zusammen im Wohnzimmer , der 
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