Full text: (1992)

Grundregeln , die auch heute noch nicht gänzlich veraltet und eigentlich gar nicht so schwierig sind , vertraut macht . Auch in Schweden erhebt der Hausherr als erster sein Glas - die Regel , daß er dies erst nach ( ! ) der Vorspeise , verbunden mit ner kleinen Begrüßungsrede , tut , wird heute jedoch nicht mehr allgemein halten ; danach trinkt der Herr zuerst ner Tischdame zu , dann der Dame zu ner Linken , dann der , die ihm gegenüber sitzt , usw . ; niemand trinkt der rin zu . Ansonsten : der ältere oder im Rang höhere Herr trinkt dem jüngeren zu , dieser erwidert nach angemessener Zeit ; eine Dame trinkt nur , wenn jemand das Glas auf sie erhebt ( doch auch diese gel gilt nur noch mit Einschränkung ) . 
Wenn einem Deutschen die besondere Ehre widerfährt , bei einer Einladung zum Abendessen die Dame des Hauses zu Tisch führen zu dürfen , dann sollte er sich nicht wundern , wenn die übrigen Gäste , während sie die letzten Bissen des Nachtischs verzehren ( und solange sie noch etwas in ihrem Glas haben ) , ihn wartungsvoll anzusehen beginnen - in Schweden herrscht immer noch die ne Sitte , daß der Tischherr der rin im Namen der ganzen Gesellschaft dieser eine ( möglichst geistreiche und zige , aber sehr ernst gemeinte ) de hält . 
In Deutschland wäre es z . B . ein Tabu , jemanden nach der Höhe seines Gehaltes zu fragen oder sonst mit ihm die Frage privater Finanzen zu diskutieren . Dies nem Schweden begreiflich zu machen , ist nicht einfach , denn dieses Thema ist in Schweden nicht sonderlich heikel , weil man sich ohnehin leicht darüber ren kann , welches Einkommen z . B . Nachbarn , Freunde oder Feinde ern müssen . Es gibt nämlich ein in druckter Form öffentlich zugängliches Verzeichnis ( taxeringskalendern nannt ) , in dem alle in Schweden haften Bürger genannt werden , die ein Einkommen versteuern müssen , das eine gewisse ( recht bescheiden anmutende ) Grenze übersteigt . Es bleibt aber nicht etwa bei der namentlichen Nennung , dern die Höhe des steuerpflichtigen kommens ist genau angegeben . Wenn xeringskalendern gerade nicht greifbar ist , könnte man ja auch jederzeit den lefonhörer abheben und beim gen Finanzamt entsprechende 
gungen einziehen , denn dieses wäre pflichtet , einschlägige Fragen ohne schweife zu beantworten - aufgrund eines gesetzlich verankerten Prinzips , aufgrund dessen jedermann Einsicht in seine Akten garantiert ist ( dieses Prinzip war sprünglich dazu gedacht , die mit niskrämerei verbundene Macht der fentlichen Verwaltung einzuschränken , indem jedem Bürger eine Möglichkeit zur Kontrolle eingeräumt wurde . Manche Boulevardzeitungen machten sich dest in den siebziger Jahren sogar den Spaß , diese Verzeichnisse auszugsweise zu drucken , wobei dann Schlagzeilen wählt wurden , in denen das ge Wort guldliga ( 'Goldliga' ) vorkommen konnte ( liga hat nicht nur die Bedeutung 'Liga' im Sinne einer Spielklasse in der Welt des Sports , sondern kann auch de , Verbrecherbande , Clique' bedeuten ) . Den Neid ( den kungliga svenska avundsjukan ) halten die Schweden selbst für einen der hervorstechendsten Züge des schwedischen Nationalcharakters . 
In Deutschland wäre es kein Tabu , ein Gespräch über Politik und die che Einstellung zu politischen Parteien bzw . deren Repräsentanten in Gang zu setzen , wobei nicht einmal die Frage gespart zu werden brauchte , welche tei man zu wählen pflegt , im Gegenteil : die Politik dürfte in Deutschland zu den in wohl allen Kreisen beliebtesten sprächsthemen gehören ; mit der eigenen Einstellung hält man nicht hinter dem Berge , und nicht umsonst gibt es im schen ein Wort wie Stammtischpolitik . In Schweden wäre es dagegen ein rer Fauxpas , jemanden direkt nach politischen Präferenzen zu fragen . cher Partei ein Schwede bei den letzten Wahlen seine Stimme gegeben hat : das wissen oft nicht einmal seine engsten Freunde , und sie erkundigen sich auch nicht danach . 
Ausblick 
Nochmals sei hervorgehoben , daß die hier gegebenen Ratschläge auf meinerungen basieren und daß sie mandem die Verantwortung für sein nes Tun und Lassen abnehmen können . Noch so gut gemeinte Ratschläge können Takt und Einfühlungsvermögen , aus nen sich ein auf die jeweilige Situation 
abgestimmtes Verhalten ergibt , nicht setzen . Wichtig erscheint dabei auch vor allem , daß man seine eigene Position , die man in einer Kommunikationssituation einnimmt , richtig einschätzt , vereinfacht ausgedrückt : wer von jemand anderem was will ( z . B . diesem auf einem markt etwas verkaufen möchte ) , der wird eher bereit sein müssen , sich den len Wertmaßstäben des anderen sen als umgekehrt . Aber damit ist nicht etwa die Forderung nach totaler Mimikri oder nach Aufgabe der eigenen len Identität verbunden . se , Fehldeutungen , Fauxpas etc . werden sich um so eher vermeiden lassen , je mehr beide Seiten voneinander wissen , denn größere Kenntnisse bringen meist auch ein besseres Verständnis , und damit meist auch mehr Nachsicht , für den anderen mit sich . Es geht also keineswegs darum , die kulturellen Grenzen auszulöschen oder einen kulturellen Einheitsbrei stellen ( auch wenn es heute schon nehmen gibt , die von einem überall chermaßen einsetzbaren Euromanager träumen , der es im Einheitsbrei natürlich am einfachsten hätte ) . Es gilt viel mehr , den Respekt vor dem kulturell Fremden zu bewahren und gleichzeitig vorhandene kulturelle Grenzen überwindbar zu chen . Eine gelungene interkulturelle munikation ist eine gute Voraussetzung für 'grenzenlose' Geschäfte . ■ 
Nr . 4 , 1992 
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