THEMA
eingeschlagen hätte , und die Vögel ten auch niemals das gen . Dies taten freilich die Kühe . Waren sie einmal übelgelaunt , brachten sie es fertig , auf den Antennenmast loszugehen und ihn umzustoßen . Es gehört ebenso zu meinen Kindheitserinnerungen , wie ich eines sonntags jammerte und mir die nen flössen , weil unsere Kühe den nenmast niedergerissen hatten . Zum Glück war mein Vater schnell bei der Hand und richtete ihn wieder auf , aber die zehn Minuten , die ich von der sendung verpaßte , waren mir gleichwohl Anlaß bitterer Traurigkeit .
Das Empfangsgerät war ungeheuer groß und schwer . Niemand ahnte damals , daß man in gar nicht allzu ferner Zukunft mit einem Radio von der Größe einer holzschachtel in der Tasche ren würde . Den Rundfunkapparat rückte man einfach nicht von der Stelle - er te seinen festen Platz oben auf einem ziellen Bord . Mein Urgroßvater war mit der Zeit ziemlich schwerhörig geworden und mußte neben dem Kasten stehen und sein Ohr dicht daran legen , wenn er etwas vom Programm mitbekommen wollte . Aber er war auch nicht mehr gut auf den Füßen , der gute , alte Mann , schließlich war er sein Leben lang neben Lastpferden und Schafen hergelaufen . Damit er nun auf seine alten Tage nicht auf das gen verzichten mußte , die Sendungen im Rundfunk zu verfolgen , wurde speziell für ihn ein Stuhl mit einer kleinen stufe und hohen Beinen gezimmert , so eine Art Hochsitz , damit er sein Ohr ans Radio legen konnte , ohne vom langen Stehen schlapp in den Gliedern zu den . Mit anderen Worten : Es machte niger Mühe , den Urgroßvater ein wenig von der Stelle zu rücken als den apparat .
Sinfoniegejaule und Politik
Die Erwachsenen lauschten vor allem abends am Radiogerät ; im Spaß wurde von einigen Familien gesagt , daß sie alle dungen hören würden , ganz gleich , ob nun „ Über Land und Leute " oder „ Dänisch für Anfänger " . Aber es kam auch vor , daß so manch einer sauer auf die im Rundfunk sendete Musik reagierte . Die musikalische Bildung des isländischen Volkes ist noch jung an Jahren , und in meiner Kinderzeit
gab es nicht sehr viele , die Noten lesen oder ein Instrument spielen konnten . Von Chorgesang einmal abgesehen , waren Konzerte bei uns auf dem Lande men unbekannt . Dem gedachte der funk nun abzuhelfen . Es wurde ein eigenes Rundfunkorchester ins Leben gerufen , das es den Isländern möglich machen sollte , den Werken der großen Meister zuhören ; dieser Klangkörper war ein läufer des Isländischen Sinfonieorchesters . So manches ungeübte Ohr rebellierte natürlich , wenn Bach und Beethoven in der Stube ertönten ; ja , es gab sogar Leute , die nicht kräftig genug ihrer Empörung Ausdruck verleihen konnten über das „ fluchte Sinfoniegejaule " . Da war es schon das beste , das Gerät geschwind sen , wenn dieser Krach anfing . Freilich gab es auch Leute , die - wenn ihr eigenes dio kaputt war - abends keine langen Wege scheuten , um ein Rundfunkkonzert beim Nachbarn zu hören . Ich für meinen Teil finde , daß es kaum etwas gibt , für das ich dankbarer sein müßte als die Musik , die ich in meiner Kinderzeit im Radio hören konnte und die mir sonst entgangen wäre .
Außer dem „ Sinfoniegejaule " gab es aber noch andere Dinge , die die Leute aus ihrer Selbstbeherrschung brachten . Jedes Jahr im Winter wurden zumindest einmal öffentliche Debatten der Abgeordneten des Althings vom Rundfunk übertragen . Genau wie heute hatte man damals schiedliche Ansichten darüber , wie die wirtschaftlichen Probleme gelöst werden sollten , und da konnte es schon eine große Genugtuung bereiten , den Apparat einfach auszuschalten , wenn ein scher Gegner das Wort ergriff . Auf rem Nachbarhof lebte eine hochbetagte Frau , sie ging schon auf die hundert zu .
Sie war noch rüstig , die alte Dame , und für politische Fragen hatte sie bis zu ihrem Tode ein brennendes Interesse - immerhin wurde sie 103 Jahre alt . Einmal , als ich noch sehr klein war und sie schon in biblischem Alter , ging der parat unserer Nachbarn genau an dem Tag kaputt , als die politische Aussprache übertragen werden sollte . Ob es nun an einer leeren Säurebatterie lag oder etwas anderem - ich weiß es nicht . Jedenfalls kamen am Abend sämtliche te zu uns zum Radiohören herüber , und ich kann mich noch deutlich entsinnen , wie behende die Greisin zur Tat schritt , als einer der Politiker begann , allzu heftig auf ihrer Lieblingspartei herumzuhacken und dabei Ausdrücke wie Einfältigkeit und Schufterei gebrauchte . „ Pfui , du test dich schämen , und jetzt sei still ! " rief die alte Dame , sprang zum Radiogerät und knipste es einfach aus .
Telefon in Konferenzschaltung
Das Telefon fungierte in meiner Jugend ebenso als bedeutendes
kationsmittel wie Zeitungen und Radio . Es hatte eine ähnliche Rolle wie ge lokale Rundfunksender . Das Telefon in den ländlichen Gebieten Islands zu ginn der vierziger Jahre unterschied sich vollkommen von dem , wie wir es heute kennen . Aufgrund der großen gen zwischen den isländischen fen war es oft sehr kostspielig , zu jedem einzelnen Gehöft eine eigene Leitung zu legen . Stattdessen wurde die gesamte Landgemeinde mit einer einzigen Leitung verbunden , und alle konnten zur gleichen Zeit hören , was gesprochen wurde . Jeder Bauernhof hatte ein eigenes Rufzeichen ,
Wenn der Rundfunk nichts brachte , wenn man das Rätsel in der zeitung gelöst hatte und wenn die re der Tageszeitungen unersprießlich geworden war , dann lauschte man eben zum Zeitvertreib am Telefon .
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