172
Wörterbuch. Barock—Biedermannsstil.
sich von der Strenge und der Eckigkeit der
Ren. ganz losgemacht hat, nicht ohne oft
besondere Schönheiten im Figürlichen und
Schwung im Ornamentalen (2, 95, 8) zu
zeigen, so besonders um 1630—50, Abb.
891. 1106. Dann wird er immer üppiger,
bombastisch, schwülstig, wild (Abb.
zu 542), um 1640—60, wobei sich jedoch noch
viele Schönheiten im Einzelnen zeigen (Abb.
zu 2, 620). Er verliert die Rücksicht auf
gesetzmässigen Aufbau oft ganz aus den
Augen, und es tritt das Architektonische
ganz zurück. Das Ornament kann nun als
Bretzel-, Knorpel-, Kaldaunenwerk
bezeichnet werden. Diese Richtung verläuft
sich in den sechziger bis achtziger Jahren
ganz, und der Stil wird übersländig (s. d.),
teilweis dürr, trocken (Abb. zu 2,84),
indem man auf Ornament zu verzichten be
ginnt und das Architektonische betont. Teil
weis nimmt das späteste Barock als neues
Element, um 1675, die Nachahmung der
Natur auf und bildet Blumen, die oft unver
nünftig gross gebildet und z. T. ganz selb
ständig, z. T. zur Verzierung des Aufbaues
gebraucht werden (Blumen werk), oder
es bedient sich auch einer Art von Akanthus-
blatt, dem spätgotischen Distelblatte nicht
unähnlich, in der gleichen Weise (Distel
werk, Abb. zu 550 u. 2, 594). Im Ganzen ist
die Anwendung des letzteren häufiger und
hat länger gedauert. Die spätesten Spielarten
kann man auch den Stil Louis XIV. nennen.
Nicht selten treten die Unterschiede nicht
deutlich auf. Das Distelwerk lebt weiter im
Stil der Régence und verschwindet erst im
Roccoco in einer Neubildung.
Base, Basis einer Säule, eines Dienstes: Sockel.
Basilika S60, Kirche mit einem Mittelschiffe,
dessen Seitenwände über den Arkaden so
hoch hinauf geführt sind, dass sie für Ober
lichtfenster Platz haben. — basilica Säulen
halle? s. palatium.
Bastei, Bollwerk, Ausbiegung des Walles, die
zur Grabenbestreichung dienlich ist. Das
Bollwerk ist aus den Türmen entstanden,
und hat (Abb. 1359. 1434) im 16. Jahrh.
meist die Gestalt eines niederen Rundturmes.
Gewöhnlich befinden sich die Bollwerke an
den Ecken (Eckbollwerke). In späterer Zeit
werden sie eckig gebildet (Abb. 244. 1380)
und gewöhnlich Bastion (Bastei) genannt.
Bauart, städtische S 134, ländliche S 133.—
-hof eines Herrenhauses: der dazugehörige
Wirtschaftshof. meister 64, 29 s. Kirch-
geschworne. Ordnung S 133. preise
S 54. steine, -Stoffe S 65. 67.
bauchig sind öfters Kanzeln, Consolen und
andere Stücke des Roccocostils gebildet, vgl.
Commodenstil.
Bauernhäuser S 133.
baven N. 15, oberhalb.
Becher S 117.
Beckeramt 404, 35, die Bäckerzunft.
bede 2,43, Gebiet, eigentl. Abgabenpflichtigkeit.
Befestigungen Si29f.
befriedigt 63, 44, eingefriedet, eingezäunt.
Begräbnis S 126.
Behauen der Ziegel S 69.
Beichtbrett, -tafel S 107. — -loch S 77.
Stuhl 480, 4 heisst hier sehr oft das durch
eine Brüstung umgebene und abgeschlossene
Gestühl des Geistlichen in der Nähe des
Altars N. 6.
Beinhaus S64, Karnhaus (s. d.) : Anbau der
Kirche oder selbständiger Bau, in den die
auf dem Kirchhofe zum Vorschein kommenden
Gebeine gebracht wurden 371, 13.
Beischlag S 134, ein Austrittplatz vor einem
Hause nach der Strasse hin, der mindestens
Raum und Sitzgelegenheit für die Hausbe
wohner bietet. Die Wangen der Bänke (Bei
schlagpfosten Abb. 1600) an der Strassen-
seite konnten aus Stein und gut verziert sein.
Bekleidung eines Altares s. Altarvorsatz.
Bekrönung eines Epitaphs 2, 34, 2 d. i. Krönung.
Bemalung von Holzwerk S I24f., von Wänden
und Decken S 123, von Schnitzwerken, vgl.
2, 300, 16 und »geschält«.
Benedictinerklöster S81, Klöster des ältesten
und bis ins 12. Jahrh. in Deutschland allein
bestehenden hochangesehenen und reichen
Ordens, gestiftet 529 vom hl. Benedict von
Nursia. Anfangs enthielten die hiesigen
Klöster auch Frauen (2, 582, 5).
beosten 58, 14 östlich.
Beschläge von Türen S118, Abb. 265. 1127;
Büchern Abb. 373; Klingelbeuteln S 117;
eines Armenblockes Abb. 1361.
Beschneidung Christi S 125. 139.
besparrt 198, 6 mit neuem Dachwerk (Sparren)
versehen.
Betglocke , die Glocke, welche täglich zum
Gebete geschlagen wird. — -pult 2,537.
-— -säu 1 e S106, ein Pfeiler, gewöhnlich
unter freiem Himmel stehend, mit Tabernakel,
worin ein Gegenstand, z. B. ein Heiligenbild,
Platz hat, Abb. 928.
Bettelkiöster S81, Bettelmönche: Fran
ziskaner , Dominikaner, Augustiner (sowie
Carmeliter).
beturbant, mit Turban versehen, ist die Gestalt
des Heidentums, auf der die hl. Katharina
steht, 2, 27, 44.
Beutel S 122. buch s. Buchbeutel.
bewehrt, wehrhaft, zur Verteidigung geeignet
oder hergerichtet 55, II. 56, 16. 103, 24.
Biberschwänze S 68, Zungen, zungenartig ge
staltete Dachziegel.
Bibliotheken S122.
Biedermanns (Biedermeier-) Stil, die nüchterne
Stilart oder vielmehr Stillosigkeit und Kunst
abwesenheit vorzugsweise der sogen. Bieder
mannszeit, von den Befreiungskriegen bis