Full text: Lebenserinnerungen von Christoph Heinrich Pfaff, Doctor der Philosophie und Medicin ...

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Bearbeitung des Königs entgegen , der Erstere diplomatisch zurück - haltend , dabei aber doch immer auf seinen Zweck hinwirkend , und zwar mit großer Ausdauer , der Letztere die Festung gewisser - Maßen mit Gewalt erobern wollend , jede Zurückhaltung ver - schmähend und den König , wie man wohl annehmen darf , mit seiner Beredsamkeit überströmend . Das eigenthümliche Verhalten dieser beiden Herren vcranlaßte damals ein Epigramm , in wel - chem sich zugleich der unverdiente Hohn der Altwürtemberger , die gern ihre vierzehn Prälaten als Landstände beibehalten hätten , gegen den wahrhaft patriotischen Minister Luft machte . 
Es war in dieser Zeit , daß Herr v . Wangenheim an den König jenen vertraulichen politischen Brief richtete , der zu vielem Aufsehen Veranlassung gegeben hat . Er wurde mir von meinem politischen Eorrespondenten in Würtemberg , an dessen Versassungs - Entwicklung ich den lebhaftesten Antheil nahm , so daß ich selbst >n einer kleinen anonymen Brochüre , mit dem Motto : Gutta cavat lapidem non vi seil saepe cadendo , meine Landsleute zum standhaften Widerstande gegen andere Zumuthungen anfeuerte , abschriftlich zugesandt . Der Brief enthielt eine politische höchst frei - müthige Rundschau über die verschiedenen Regierungen in Deutsch - land , schonte besonders Preußen nicht , und machte mit siegreicher Beredtsamkeit alle Gründe geltend , um den König von Würtemberg zu bewegen , ein großes Beispiel den übrigen Fürsten durch Ver - leihung einer freisinnigen Verfassung zu geben . In meinen Augen war der Brief ein höchst ehrenvolles Denkmal für Wangenheim , sowohl was seine Form , wie seinen Inhalt betraf , und ich hoffte , daß durch die öffentliche Bekanntmachung desselben ein großer Und guter Zweck erreicht werden könne . Ein Abdruck wurde daher mit einem Vorworte von mir begleitet , doch anonym , besorgt . Die Packete mit den Exemplaren waren eben nur einige Tage nach Leipzig , und , wenn ich nicht irre , auch nach Frankfurt abgegangen , als gleichzeitig in dem Hamburger Cor - respondenten ein Artikel erschien , ungefähr des Inhalts : daß die Demagogen ihr schändliches Unwesen nun auf das Aeußerste ge - sieben hätten , indem ein vertraulicher Brief eines Ministers an seinen Souverain der Oeffentlichkeit übergeben worden und zwar unter besonders gravirenden Umständen , sowie , daß der Minister
	        
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