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Die Gemahlin des Gottes , der „ nicht nur in Norwegen und Island , sondern auch in Schweden und Dänemark durchaus der Land - und Yolksgott war " ( Weinhold , Über den Mythus von Wanenkrieg . 1890 ) , muss eine bedeutendere Rolle gespielt haben als die erhaltenen Quellen zeigen . Der Mythus , der an ihr Goldhaar sich knüpft , war wiss nicht der einzige , der von ihr vorhanden war . Der Grund , aus dem Sif in den Hintergrund gedrängt scheint , darf man in dem Zurücktreten Thors hinter Odin erblicken , mit dessen Gattin sie ihrem Wesen nach sammenfällt .
Sif ist im Grunde keine andere wie die unter schiedenen Namen von den Germanen als höchste Göttin verehrte Terra mater , die als Geliebte oder Gattin des höchsten Gottes , zuerst also des germanischen gottes ( Tiu ) galt . Sif , Frigg , Fiorgyn , Nerthus , Freyja : sie alle sind nur Hypostasen jener Göttin , die in der ihr ureigenen Benennung ( als Jord ) am wenigsten hervortritt , - ja fast zum farblosen Schemen wurde , da die diesem Namen zu Grunde liegende rein sinnliche Auffassung eben die älteste ist .
Mit den verschiedenen örtlich oder zeitlich getrennten Kulten wurde die Erdgöttin in Verbindung gebracht , sie wurde dem Kultgott vermählt , und ihr Name entsprang nun entweder eben diesem Verhältnis , oder er wurde aus dem Namen des Kultgottes einfach entlehnt . Das erstere war der Fall bei den Namen Frigg und Sif , das letztere bei Fiorgyn und Nerthus ( Niord ) wie deren Verjüngung Freyja , die nur den männlichen Gottheiten Fiorgynn , Nerthus ( Niordr ) l ) und Freyr2 ) ihren Namen verdanken .
Übrigens schwand bei der Entwicklung oder dem
' ) Über Nertlms als doppelgeschlechtiges numen vgl . Weinhold Mythus vom Wanenkrieg , 614 .
s ) „ Der Kvilt der Nertlras nach Tacitus deckt sich ganz mit dem grossen Feste des Freyr in der Upsalaer Amphiktyonie " , Mogk in Pauls Grundriss I , 1058 .