Full text: Actenstücke und Rechtliche Gutachten in Sachen der Städelschen Intestat-Erben gegen die Administration des Städelschen Kunst-Instituts zu Frankfurt am Main. Testamentsanfechtung betreffend

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Mitbürger , sondern vorzugsweise jenen praktischen Zweck im Auge gehabt habe , crgiebt sehr bestimmt seine Verordnung zu Gunsten des elementarischen Unterrichts im Zeichnen als Vorbildung für die verschiedensten Berufsarten , die vorzügliche Berückstchtigung des Baufachs und die angeordnete Unterstützung derjenigen , die eigentlich künstlerisches Talent an den Tag legen . Auch ist eS eine willkührliche Deutung , daß diese Verordnung seiner Absicht nach nur Nebensache , die Grün - dung einer öffentlichen Gemäldesammlung die Hauptsache fey , und dabei gänzlich übersehen worden , daß ohne eine gehörig ausgestattete Kunstsammlung eine Kunst - schule niemals gedeihen kann . Daß aber nicht die Beförderung der Kunst im Allgemeinen , sondern gerade die Förderung des Gemeinwesens von dieser Seite dem Testirer anlag , ergiebt die Beschränkung jener Unterstützung auf Kinder in feiner Vaterstadt verbürgerter unbemittelter Eltern . 
Ist nun aber die Städtische Stiftung als pia causa zu betrachten , so müssen auch die oben vorgetragenen Grundsätze des Römischen Rechtes daraus angewendet werden . Ohne daher den Worten des TestirerS nach dem Ausdruck 
des Gutachtens der Gittiiigcr Juristensakultät p . 17 . eine schöpferische Kraft beizulegen , halten wir dafür , daß derselbe nach den oben angeführten klaren Gesetzen gültig diSponiren konnte , wie er eS gethan hat . Das heißt : er war befugt , fein Vermögen , nicht einer bestimmten physischen oder schon früher bestehenden juristischen Person zu hinterlassen , sondern zu einem bestimmten gemeinnützigem Zwecke zu stiften . Indem er diese Vermögens - Masse unter einer bestimmten Administration zu jenem Zweck aussetzte , und als mit seinem Tode diese letztwillige Disposition rechtlich wirksam wurde , entstand die Stiftung als Rechtssubjekt , und sein ganzes Vermögen ging in demselben Augenblick auf diese juristische Person als Erben über . Und es ist hiernach der Einwand , daß zur Zeit der Errichtung deS Testamentes oder des Anfalles der Erbschaft der ringe - setzte Erbe nicht eristirt habe , durchaus nichtig . Indem , wenn überhaupt Stifrun - gen durch letzten Willen errichtet werden sollen , wie es denn die Gesetze auSdrück - lich für möglich erklären , die Existenz der Stiftung zu der Zeit , da das Testa - ment gemacht wurde , nicht gefordert werden kann . Mit dem Tode aber beides , Entstehung der juristischen Person und Anfall der Erbschaft , in einem Augenblick zusammentrifft .
	        
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