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ZWEITER HAUPTTEIL .
Für und voider Reinke .
Vorbemerkungen .
Die nachfolgenden Betrachtungen beschäftigen sich vorwiegend mit Männern , die sich in der Frage des Lehens eine ähnliche Antwort gaben wie Reinke , also mit Vitalisten ; daneben kommen auch Anhänger des Mechanismus zum Wort . Meist werden solche Forscher und Denker genannt , die einen wahrscheinlichen oder von ihm anerkannten Einfluß auf Reinke ausgeübt haben , die er seihst als anschauungsverwandt oder - gesetzt erwähnt oder die sich Uber seine Lehre geäußert haben . Natürlich werden immer nur einzelne punkte hervorgehoben werden .
Bei einzelnen dieser Männer muß es genügen , hier schon ihre Beziehungen zu Reinke kurz zu berühren . Blumenbachs nisus formativus ist der Vorläufer zu den Dominanten . Reinke hebt oft genug ( l , 193 ; 3 , 232 ) seine Verwandtschaft mit Blumenbach hervor . — Reinke hat unter v . fianstein in Bonn gearbeitet ; so mag auch dessen Vitalismus ihn beeinflußt haben . Den Ausdruck »Gestaltungstrieb " scheint Reinke v . Hanstein entlehnt zu haben .
Von Philosophen ist es zunächst Kant , mit dem Reinke in der Verwerfung der Urzeugung , in der logischen Betrachtung der Organismen und dem methodischen Grundsatz einig ist , die mechanische Betrachtung möglichst weit ins Organische vorzuschieben , trotzdem stets ein mechanisch unerklärbarer Rest zu erwarten sei ( s . 24 , § 70 ; 1 , 90 ; 3 , 2 . r>7 ) . — Auch Schopenhauer wird von Reinke als Zeuge für die Autonomie des Lebens genannt ( z . B . 3 , 252 ; 1 , NO ) . Vgl . Schopenhauers kräftiges Wort über den . krassen und stupiden Materialismus " ( 2 ( > , Vorrede ) .
I . Vitalisten .
1 . Müller .
Von Johannes Müller , den Reinke mit Begeisterung nennt , seien einige die geistige Verwandtschaft beider Männer bekundende Stellen ( aus 42 ) wiedergegeben . Man könnte sie fast beliebig vermehren .
S . 18 . »Im Organismus ist also eine die Zusammensetzung aus ungleichen Gliedern beherrschende heit des Ganzen . "
Erinnert das nicht an das formgebende Prinzip des Aristoteles ?
S . 21 . . Diese Harmonie der zum Ganzen notwendigen Glieder besteht doch nicht ohne den Einfluß einer Kraft , die auch durch das Ganze hindurch wirkt und nicht von einzelnen Teilen abhängt , und diese Kraft besteht früher , als die harmonischen Glieder des Ganzen vorhanden sind . 0
Mit diesen beiden Stellen scheinen die folgenden zwei im Widerspruch zu stehen , da durch diese auf einmal die Lebenskraft als von der Organisation bewirkt gedacht wird . Der Gegensatz verschwindet , wenn man den Begriff der Lebenskraft in eine der Entwicklung und eine des Stoffwechsels zerlegt oder , wie Reinke sagt , in Dominanten — die durch obige Stellen gefordert werden — und Systemkräfte , die in den beiden nächsten als Lebenskraft dargelegt sind . Auch bei J . Müller wird der Widerspruch wohl nicht im Denken , sondern in der ungenauen Bezeichnung liegen . Dieselbe Kraft kann doch nicht das eine Mal vor der Organisation bestehen , das andere Mal aus derselben entstehen . Die Stellen sind :