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auf und sucht sic i . B . 2 , 399 durch Tatsachen zu stützen . An genannter Stelle schließt er mit den Worten : . In der Entwicklung kann man die Dominanten auffassen als einen Ausdruck für das genetische Verhältnis der Systembedingungen zueinander , für den Zusammenhang der cpigcnctisch auseinander entstehenden Formen . Damit würde der Entwicklungstrieb der Eizelle der Kausalität des Orchestrions zu vergleichen sein , die Ontogenie ein abrollender Mechanismus sein , wie das Notenblatt jenes Instruments , bei dessen Leistungen auch jeder Ton mit Notwendigkeit zu rechter Zeit am rechten Ort erschallen muß . "
In den letzten Sätzen ist also schon ein greifbares Bild gezeichnet , welches die Dominanten als Systemkrafte anschaulich machen soll . Auch 1 , 177 finden wir eine ahnliche Stelle ( s . unten Zw . fi . I , 6 ) . Aber trotzdem ist es Reinke . fraglich " , daß die Ähnlichkeit zwischen den beiden Ubcrencrgctischcn Kräftearten sich einmal als Gleichheit erweisen lasse , . daß die Ursachen der Systembedingungen in Tieren und Pflanzen wieder Systembedingungen seien * ( 6 , 52 ) , obschon die fragliche Meinung Reinkes „ menschlich - verzeihlichen Wunsch * für sich hat , . hierdurch eine Vereinfachung der Erklärung herbeizuführen " ( 2 , 330 ) . . Denn — fahrt er 6 , 52 fort — wir können uns von solchen Systembedingungen so wenig eine Vorstellung machen wie von einer A\aschine , die sich selbst aufbaut oder auch nur selbst repariert ; und doch sind Systembedingungen im Prinzip anschaulich vorstellbare Objekte , i . uch wenn uns im einzelnen deren Kenntnis noch fehlt . " Dominanten aber sind „ die nicht vorstellbare Ursache der spezifischen Systembedingungen in Tieren und Pflanzen " ( a a . ( ) . ) . So gefaßt enthielte freilich die Hypothese einen logischen Widerspruch , und jedes weitere Wort , das Reinke darüber geschrieben , wilre unnütz . Denn Dominante , also eine Kraft , und die materielle Konfiguration der System bed ingungen können nie identisch sein , ebensowenig wie irgend ein Abstraktum etwas Konkretes sein kann , oder ebensowenig wie eine Ursache mit ihrer Wirkung begrifflich zusammenfallen kann . Doch die Hypothese verlangt ja nur , daß die Dominanten als System k ra f te , als Wirkung der Systembedingungen erweis - bar seien , und darüber laßt sich diskutieren .
Reinke bringt Systemkrafte und Dominanten noch in einen andern Gegensatz : Energien und kräfte faßt erais mechanische , Dominanten und psychische Kräfte als transmechanische Kräfte zusammen ( <> , 40 , 88 ) . Auf jeden Fall bleibt bestehen , daß die Grenze zwischen Systemkräften und Dominanten oft eine flüssige ist ( 1 , 175 ) . Es sei hervorgehoben , daß in der Natur die Begriffe der Arbeits - und Gestaltungsdominanten nicht so scharf gesondert erscheinen , wie sie hier klassifikatorisch getrennt wurden' ( 32 , «»0 ; s . 2 , 399 ) . Wahrscheinlich werden sich im Laufe der Zeit manche Dominanten auf Systemkräfte zurückführen lassen ( 2 , 399 ) . Aufgabe der Ent - wicklungsmechanik ist es , mechanische Momente gegen die Dominanten abzugrenzen ( 1 , 382 ) .
Infolge solcher in derartigen bezeichnenden Stellen zum Ausdruck kommenden Auffassung schwankt Reinke auch oft in den einzelnen Fallen , ob es sich um Systemkräftc oder um Dominanten handelt .
Jedoch trotz allem Unfertigen der Theorie , das er selbst zugibt ( z . B . 2 , 330 ) , glaubt Reinke in den Dominanten und Systemkraften . das Geheimnis des Lebens gefunden " zu haben ( 1 , 618 ) . Als . reife Frucht * seiner Studien betrachtet er die Unterscheidung von intelligenten Kräften als herrschenden und energetischen Kräften als dienenden ( 3 , 454 ) . . In der Verbindung der Dominanten " ( und Systemkrafte ) . mit den Energien enthüllt sich uns eine Durchgeistigung der Natur : in dieser Auffassung gipfelt mein naturwissenschaftliches Glaubensbekenntnis " ( 3 , 455 , 4 . A . 477 ) .
4 . Entwicklungsgang der Dominantentheorie .
Reinkes „ Theorie der Organisation " , wie er die Dominantentheorie lieber nennt , ist nicht ein lebiger Augenblicksgedanke . Nicht auf einen Guß entstand sie , sondern sie ist die Frucht eines Menschenalters . Schon 1903 schreibt Reinke in . Natur und Schule " , daß ihn das Studium der Organisation seit etwa 25 Jahren beschäftige . In ernster Arbeit hat er sich diesen Teil seiner Weltanschauung — oder wie er bescheiden dies Wort einschrankt , der Ansicht über den kleinen Bruchteil der Welt , den kleinen Ausschnitt , den unsere Sinne und unser Verstand uns zeigen ( 3 , 79 80 ) — errungen und erarbeitet .
Wie ein Künstler erst nach und nach dem rohen Stein die Form abgewinnt , so ist auch Reinkes Theorie nicht eine Athene , die fertig dem Haupte des Zeus entsprang , sondern sie hat . eine Entwicklung gemacht " , wie Reinke 2 , 321 selbst sagt . Zu mehrern Punkten findet man in den altern Schriften Reinkes eben den Keim , und umgekehrt ist eine nicht unwesentliche , wenn auch zunächst nur äußerliche Änderung noch getreten , nachdem bereits der Begründer der Dominantentheorie 1899 in der . Welt als Tat " sein . schaftliches Glaubensbekenntnis * ausgesprochen hatte .