Full text: (Teil 1)

Llopstock in Böttingen . 
XXIX 
die Schalen schiveben , wenn gar die gegen uns zu sinken ansängt ? In das letzte Fähnchen mit dem . der dies noch zu fragen hat ! " 
Mußte es den jungen Strebegenossen , wenn sie dieses lasen , nicht sein , als ob sie zu Rittern geschlagen würden , als ob ihnen das Kreuz aufgehestet worden wäre zum streitbaren Zug ins gelobte Land ! Mußten sich ihrer Phantasie nicht unbekannte Zaubergärten und fremdartige Märchenpracht erschließen wie einst jenen ritterlichen Kreuzfahrern im Orient ! Als großes Ziel schwebt ihnen vor die Zerstörung aller Satans - tempel und seiner geilen Priester , die Aufbauung eines Tempels für die Tugend und des andern für die Freiheit . Hatte schon im Jahre vor - her ein mitternächtliches Gewitter die Nerven der Freunde so aufgeregt , daß sie jeder großen Handlung , selbst eines Fürsienmordes sähig zu sein meinten , so nimmt jetzt der Bund mehr ein politisches Gepräge an ; er wird der „ Bund sürs Vaterland " , auch der „ Deutsche Bund " genannt , ^ und die Zeil , wo vom Sprechen zum Handeln übergegangen werden würde , schien den thatenlosen aber thatendürstenden Jünglingen näher gerückt zu sein . Um Mitternacht ziehen sie aus zur Bundeseiche , um zum Feste von Klopstocks Geburtstag die Zweige zu brechen . „ ES war in diesem Jahre das erste Mal . daß wir sie besuchten . Gerade über ihr stand ein funkelnder Stern . Wir kündigten uns ihr von ferne als den Bund fürs Vaterland an , liefen und ruften ihr Wodans Gesang entgegen , traten hierauf still und langsam näher hinzu , faßten Äste , brachen Zweige , und rüsten dreimal : unserem Vater Klopstock ! und . . . plötzlich rauschte es hoch durch die ganze Eiche herunter , daß die niederschwankenden Aste unsere Häupter verhüllten . " Und diese Eiche soll nun bald über Klopstocks Haupt rauschen . Am 30 . Juli trifft diese Freudenkunde in Göttingen ein . Aus der Reise nach Karlsruhe , wo er nach den Worten des Markgrafen das edelste , waS ein Mensch haben könne , Freiheit finden sollte , verweilte er vom 18 . bis 2ü . September im Kreise der Bündischen , die ihn feierlich einholten und nach Kassel weiter geleiteten . Von Morgens 7 Uhr bis Mitternacht sind sie ununterbrochen bei ihm ; er wollte durchaus niemand besuchen und auch keinen Besuch annehmen , sondern sich ganz dein Bunde schenken . Es wurde sehr vieles von künstigen Entwürfen und Absichten ausgemacht ; die gemeinsame Gedichtsammlung wird ausgegeben , es scheint ihnen besser , wenn jeder allein hervortrete und Tugend predige . Klop - stock schlug einige neue Glieder vor . Schönborn und Resewitz ; Gersten - berg nicht , weil er zu lalt , Claudius nicht , weil er zu sorglos sei ; Goethe wollte er erst noch sondieren , ob er ihn „ bundesfähig " fände . „ Alles was wir schreiben , muß strenge nach diesem Zweck , nach Geschmack und Moral geprüft werden , eh' es erscheinen darf . Er selbst unterwirft sich dein Urteil des Bundes . Zwei Dritteile von den Stimmen entscheiden . Er will durchaus nicht mehr als eine Stimme haben und zwar , auf unser Bitten , die letzte . Nebenabsichten sind — die Vertilgung des zärtelten Geschmacks , ferner der Dichtkunst mehr Würde gegen andere
	        
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