AN DEN ERBGROSSHERZOG CARL ALEXANDER
VON WEIMAR
diese
schl:
Sie
Frühjahr 1848
Mein lieber, teurer Erbgroßherzog !
Sie haben an mich gedacht, mir geschrieben; etwas
spät habe ich den Brief bekommen, aber auch wenn er über-
haupt nicht gekommen wäre, wüßte ich doch, daß ich in
Ihrem Herzen nicht vergessen bin. Die Bewegungen, die
durch das Land gehen, fühle ich in den Fingerspitzen.
Dänemark, meine Heimat, und Deutschland, wo so viele
Menschen sind, die ich liebe, stehen einander feindlich gegen-
über; Eure Königliche Hoheit werden empfinden können,
wie alles dies mich schmerzt. Täglich sehe ich unsere Sache
in den Hamburger Zeitungen unwahr dargestellt. Gott lasse
die Wahrheit siegen! Ich glaube so fest an das Edle in allen
Menschen, glaube, daß, wenn sie gegenseitig einander ver-
ständen, alles in Liebe blühen würde.
Doch ich will nicht von Politik reden, die immer wie
sine ferne Wolke vor mir gestanden hat; nun aber hat diese
Wolke sich über ganz Europa ausgebreitet, und ihre scharfen
Nebel durchdringen alle Glieder: man atmet nur Politik.
Aber in diesen Zeiten der Bedrängnis tritt soviel Gutes
leuchtend hervor, Hier in Dänemark besteht eine Einigkeit
und Opferfreudigkeit, die geradezu rührend ist. Wie steht
es in Weimar? Wann werden wir uns wieder treffen, mein
edler, hoher Freund? Vielleicht nie! Und wenn ich daran
denke, kommen alle teuren Erinnerungen an unser Zu-
sammenleben und machen mir das Herz schwer. Haben Sie
Dank für Ihre edle Freundschaft, Dank für alles Gute! Gott
segne und beglücke Sie, mein teurer, hoher Herr! Möge
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