Full text: Sämmtliche Märchen

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ten von Damaskus, aus den Wüsten Afrika's, in welchen der Elephant 
und der Löwe Alleinherrscher zu sein sich rühmen; die Polarvögel kamen 
hierhergezogen und natürlicherweise fehlte nicht der Storch und die 
Schwalbe. Allein die Vögel waren nicht die einzigen lebenden Geschöpfe. 
Der Hirsch, das Eichhörnchen, die Antilope und hundert andere schöne 
und leichtfüßige Thiene waren hier zu Hause; die Krone des Baumes 
war ein ausgedehnter duftender Garten, und inmitten desselben, wo die 
zroßen Zweige sich zu einem grünen Hügel erhoben, lag ein Schloß 
bon Krystall mit Aussicht nach allen Weltgegenden. Jeder Thurm er— 
hob sich in der Form einer Lilie, man konnte durch den Stengel hin— 
aufsteigen, denn im Innern desselben war eine Treppe; man konnte auf 
die Blätter wie auf Balcons hinaustreten, und oben in dem Blumen— 
kelche selbst befand sich der schönste, strahlende Rundsaal „ über den kein 
anderes Dach sich wölbte als das blaue Firmament mit Sonne und 
Sternen. 
Eben so prächtig, wenn auch in anderer Art, war es unten in den 
weiten Sälen des Schlosses. Hier an den Wänden spiegelte sich die 
ganze Welt ringsum ab, man sah Alles, was geschah, so daß man keine 
Zeitungen zu lesen nöthig hatte, und die waren dort auch nicht zu ha— 
ben. Alles war in lebenden Bildern zu sehen, wenn man es nur sehen 
wollte, — denn zuviel bleibt doch zuviel, selbst für den weisesten Mann, 
und dieser wohnte hier. Sein Name ist schwer, Du wirst ihn nicht 
aussprechen können, er mag deshalb ungenannt bleiben. Er wußte Alles, 
was ein Mensch auf Erden wissen kann und zu wissen bekommen wird; 
iede Erfindung, die schon gemacht war oder gemacht werden würde, war 
hm bekannt; aber Mehr auch nicht, denn Alles in der Welt hat seine 
Grenze. Der weise König Salomo war nur halb so klug, und Der 
war doch sehr klug und herrschte über die Naturkräfte, über mächtige 
Heister, ja der Tod selbst mußte ihm jeden Morgen eine Liste von den— 
enigen bringen, die an diesem Tage sterben sollten. Aber König Sa— 
omo selbst mußte auch sterben, und dieser Gedanke war es, welcher oft 
in der lebhaftesten Weise den Forscher, den mächtigen Herrn auf dem 
Schlosse im Baume der Sonne beschäftigte. Auch er, wie hoch er auch 
an Weisheit über den Menschen stand, mußte einmal sterben, das wußte 
er; auch seine Kinder mußten dahinwelken wie das Laub des Waldes 
und zu Staub werden. Er sah das Menschengeschlecht hinwelken wie 
die Blätter am Baume, sah neue an deren Stelle treten, aber die Blät—
	        
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