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Der Winter kam heran, und das neue Jahr trat ein; ja es ver—
strichen mehrere Jahre.
Ib sollte endlich konfirmiert und eingesegnet werden und ging
deshalb einen Winter zu dem Pfarrer weit im Dorfe drüben, um zu
lernen. Um diese Zeit besuchte der Bootsmann eines Tages die
Eltern Ibs und erzählte, daß Christinchen nun in den Dienst zöge,
und daß es ein wahres Glück für sie sei, in solche Hände zu fallen
und einen solchen Dienst bei solch' braven Leuten zu bekommen: denkt
einmall sie zieht zu den reichen Wirtsleuten im Herningkrug, weit gen
Westen, viele Meilen von Ib entfernt; dort soll sie der Krügerin zur
Hand gehen und in der Wirtschaft beistehen, und später, wenn sie sich
wohl anläßt und dort konfirmiert und eingesegnet ist, wollen die Ceute
sie behalten als ihre Cochter.
Und Ib und Christinchen nahmen Abschied voneinander. „Die
Brautleute“ nannte man sie, und sie zeigte ihm beim Abschied, daß
sie noch die zwei Nüsse habe, die er ihr damals bei ihrer Irrfahrt
im Walde gegeben, und sie sagte ferner, daß sie in ihrer Truhe die
kleinen hölzernen Schuhe aufbewahre, die er als Knabe geschnitzt und
ihr geschenkt habe. Darauf trennten sie sich.
Ib wurde eingesegnet; aber er blieb im Hause seiner Mutter, er
war ein flinker Holzschuhmacher geworden; im Sommer bestellte er das
Feld, seine Mutter hielt keinen Knecht mehr dazu, er that es allein,
denn sein Vater war längst gestorben.
Nur selten, und alsdann höchstens durch einen Postillon oder einen
Aalbauer ersuhr man etwas über Christinchen. Es erging ihr jedoch
wohl bei den reichen Krügersleuten, und als sie eingesegnet war,
schrieb sie einen Brief an ihren Vater und darin einen Gruß an Ib
und dessen Mutter; im Briefe stand geschrieben von sechs neuen
Hemden und einem schönen Kleide, welches alles Christinchen von
ihrer Herrschaft zum Geschenk erhalten habe. Das waren freilich
gute Nachrichten!
Im nächsten Frühjahr klopfte es eines Tages an die Thür der
alten Mutter unseres Ib, und siehe da, der Kahnführer und Christinchen
traten ein; sie war auf einen Tag zum Besuch gekommen, ein Wagen
war vom Herningkruge nach dem nächsten Kirchdorfe abgeschickt,
und die Gelegenheit hatte sie benutzt, um einmal wieder die Ihrigen