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N. stellt zunächst die Hauptgedanken der Kantischen Vernunft⸗
kritik dar. Wir heben nur folgendes heraus. Die menschliche Subjek⸗
tivität bringt nach Kant zur Auffassung der Dinge die Anschauungs⸗
formen von Raum und Zeit und die Kategorien oder Verknüpfungs⸗
formen hinzu. Kant will damit keineswegs sagen, daß die menschliche
Subjektivität durch ihre Objektivierung die Dinge selbst hervorbringt
oder daß alles Wirkliche nur subjektive Bedeutung hat, wie Berkeley
meinte, oder endlich, daß wir wegen der Ohnmacht der menschlichen
Subjektivität auf alle Erkenntnis verzichten müssen (Skeptizismus Hume8).
Die objektivierende Subjektivität bei Kant ist menschlich, und er ist ein
viel zu klarer Denker, als daß er nicht die Schwäche und Begrenztheit
des menschlichen Begreifens eingesehen hätte. Wir erkennen nach ihm
die Dinge nicht durch und durch. Ein dunkler Rest bleibt zurück:
Das Ding an sich. Während die Anschauungs- und Ver—
knüpfungsformen rein subjektiv sind, ist das Ding an sich rein objektiv,
ganz unabhängig von allem Subjektiven. So meint Kant den
Spiritualismus und Skeptizismus zu überwinden. — Wir fassen das
Materielle nach Kant durch sinnliche Wahrnehmung (Sandsning) auf.
Das sinnlich Wahrgenommene wird verarbeitet durchs Denken, durch
die subjektive Tätigkeit des Menschen. „Erfahrung ist bedingt von
sinnlicher Wahrnehmung und Denken“, pg. 5. Sie ist aus zwei Teilen
zusammengesetzt, einem subjektiven und einem objektiven, beschränkt sich
aber nur auf die Erscheinungen. Bezeichnen wir das Subjektive mit V,
das Objektive mit X und die Erscheinung, die durch das Wirken von
V und RXentstanden ist, mit P.,, so ist die Formel für die Kantische
Erkenntnistheorie xX -V P.y.
N. übt nun an Kants Erkenntnislehre Kritik. Dabei müssen
wir im Auge behalten, daß er von Hegel ausgegangen war und sich
von ihm entfernt hatte, weil dieser das Subjektive nicht zu seinem
Recht kommen ließ: Nicht ein Subjekt oder eine Subjektivität denkt
den Begriff, sondern der Begriff denkt nach Hegel sich selbst. Bei
Kant schätzt N. begreiflicherweise am meisten, daß er subjektiv und
objektiv scharf auseinanderhält. N. lobt ferner an Kant, daß nach ihm
Erscheinungen nur durch Objektivierung von seiten eines Subjekts ent⸗
stehen. Das Subjekt ist die übergreifende Einheit. Mit dem Ding
an sich dagegen ist N. durchaus nicht einverstanden. Hier setzt seine
Kritik ein, und er legt Kant die Frage vor: „Wie kann das, was
unsere Erkenntnisformen mit wirklichem Inhalt erfüllt, so ab—