Full text: Entwicklungsgang und Grundprobleme der Philosophie Rasmus Nielsens

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unterschied zwischen dem Heiligen nnd dem Profanen, dem Evangelischen 
und dem Mythologischen sein; aber wenn die Wissenschaft nun einmal 
dieses Heilige nicht beurteilen, dieses Evangelische nicht bewältigen 
kann, ist der Unterschied in den Augen der Wissenschaft, als wenn er 
gar nicht vorhanden wäre. — Da die Glaubenssätze jeder für sich 
unbedingt subjektiv sind, sind sie in der Wissenschaft ebenso willkürlich 
wie die abenteuerlichsten Phantasien. Gibt es also eine wissenschaft⸗ 
liche Begründung der Glaubenslehren, so gibt es auch eine wissen⸗ 
schaftliche Begründung der Mythenlehren, eine wissenschaftliche Be⸗ 
gründung des Nonsens.“ 
In anderem Zusammenhang endlich ein letzter Einwurf: Nun 
behandelt aber die Wissenschaft alle Dinge und Erscheinungen im 
Dasein. Der Arzt behandelt die Schwachsinnigen, der Historiker die 
Mythen. Also muß auch die Wissenschaft alles, was im Dasein ist, 
umfassen. Die Religion und Theologie gehört mit zu den Erscheinungen 
im Geistesleben und muß darum auch Gegenstand wissenschaftlicher 
Behandlung, die Theologie selbst eine Wissenschaft sein. 
Hierauf antwortet N. etwa folgendermaßen: In dem Einwurf 
liegt ein Wahrheitsmoment. Denn gewiß, die Wissenschaft hat auch 
die Religion und die religiösen Erscheinungen zu behandeln, ebenso 
wie die Mythen und Irrsinnigen Gegenstand wissenschaftlicher Be⸗ 
handlung sind. — Aber die Wissenschaft zeigt da eben, daß diese Zu⸗ 
stände anormal sind und daß die dort herrschende Logik auf die 
Wissenschaft nicht übertragen werden dürfe. So behandelt auch die 
Wissenschaft und zwar in der Religionsphilosophie die religiösen 
Phänomene. Sie kann aber nur zeigen, daß die Wissenschaft dort 
nichts zu suchen hat, daß dort andere Gesetze als im objektiven Denken 
gelten, daß also eine strengeScheidung zwischen Glauben 
und Wissen gemacht werden müsse. Diese Gedanken N.s ent— 
falten sich später in seiner Religionsphilosophie. 
4. Das Verhältnis der Wissenschaften unter einander und die Stellung 
der Philosophie im Wissenschaftsverbande. 
Nachdem so N.s Wissenschaftsbegriff dargelegt ist, zu dem er 
durch das Studium der Geschichte der Wissenschasten geführt wurde, 
und nachdem wir gesehen haben, daß N. die Theologie aus dem 
Wissenschaftsverbande herausweist, wohl aber von einer Religions⸗ 
philosophie wissen will, treten wir der Frage nach dem Ver—⸗
	        
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