Full text: Entwicklungsgang und Grundprobleme der Philosophie Rasmus Nielsens

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meinen, daß in ihrem Denken die Psychologie eine verschiedene 
Rolle spielt. Wenn man über unser Denken wissenschaftliche Aussagen 
machen und wie N. eine wissenschaftliche Bewußtseinslehre geben will, 
so muß man das Zustandekommen der Vorstellungen und des Denkens 
wissenschaftlich untersuchen, d. h. man muß seine metaphysischen Sätze 
psychologisch unterbauen. Das hat Lotze in ausgedehntem Maße getan, 
während die psychologische Betrachtungsweise bei N. zurücktritt. Die 
Methode ihrer Untersuchung ist verschieden. Lotze geht in seiner 
Gedankenentwicklung psychologisch zu Werke, N.s Gedankenführung ist 
dagegen vorwiegend dialektisch-spekulativ, er ist vielfach abstrakt und 
kann nicht ganz von einem gewissen Formalismus freigesprochen werden. 
Man vergleiche die durchgehende Dreiteilung. So hat auch Höffdings 
Vorwurf!) einige Berechtigung, wenn er sagt, daß man bei N. keine 
Psychologie lernen könne. Dabei soll aber nicht gesagt werden, daß N. 
mit der wissenschaftlichen Psychologie der neueren Zeit nicht aufs 
genaueste vertraut gewesen wäre. Er hat sie bis ans Ende seines 
Lebens genau verfolgt (ck. die Wissenschaftslehre vom Jahre 1880 
pg. Off.) und betont immer wieder, daß beim Zustandekommen der 
Vorstellungen zwei Faktoren in Frage kommen: sinnliche Wahrnehmung 
und Denken. Nur soviel sollte hier hervorgehoben werden, daß die 
psychologische Betrachtungsweise bei ihm nicht im Mittelpunkt steht. 
Hiermit hängt ein zweiter Unterschied eng zusammen, und haben 
wir bezüglich der Verwendung der Psychologie Lotze über N. gestellt, 
so müssen wir in dem zweiten Punkte N. den Vorzug geben. Rein 
theoretische Gründe hatten, wie gezeigt, Lotze bestimmt, die Annahme 
der Ursubstanz zu machen, als einer Einheit, die alles gegenseitige 
Wirken des Einzelnen erst möglich macht. Um jenem leeren Begriff 
der Ursubstanz mehr Inhalt zu geben, verläßt Lotze den Boden des 
rein Theoretischen, und erst in der Religionsphilosophie gibt er eine 
nähere Vorstellung von dem letzten Urwesen. Nicht theoretische Motive, 
sondern Gefühlsmotive veranlassen ihn, anzunehmen, daß die Atome 
ebenso wie die Menschen beseelt sind und daß auch die Ursubstanz nach 
Analogie des Menschen eine Persönlichkeit ist. Er beruft sich auch 
nicht auf theoretische Gründe, wenn er behauptet, daß die Idee des 
Guten Grund und Zweck der Welt sei. 
N. bleibt dagegen immer im streng Logischen. Er steht der 
kritischen Philosophie näher. Wenn Lotze meint, daß die Idee des 
NRek. H. Höffding, Danste Filosofer pg. 192.
	        
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