Saͤter beziehen die jungen Toͤchter der Bauern gern
zum Sommer. Nur Sonnabend abends herrscht da mun—
teres Leben: dann kommen junge Burschen (Gutter)
vom Tal herauf. Sonst ist es still und einsam da. Dann
sitzt wohl die Saͤterjente, die nicht mit den Tieren hinaus
ist, mit ihrem Strickstrumpf am Abhang und horcht auf
die Glocken der weidenden Herde oder den einfoͤrmigen
Gesang des Wasserfalls. Und die Kindheitssagen vom
klagenden Neck (Nix) und der Hulder (Bergfrau), die das
Langelekth spielt, leben wieder auf. Wenn aber die Stuͤrme
uͤber die Steppe ziehen und nachts an den Tuͤren ruͤtteln
und um die Ecken pfeifen, dann treiben die Wichte und
Trolle ihr Wesen.
Auf den Saͤtern, die nicht zu fern vom Tal liegen,
herrschte noch bis in die Neuzeit viel Poesie. Wenn die
Huͤterin das Vieh mit den alten Locweisen ruft oder
abends beim Sonnenuntergang die Lur (Alpenhorn)
blaͤst, dann ziehen die Tonwellen weit uͤber die Berge,
und im Tale lauscht man aufmerksam, vielleicht um zu
antworten. Aber am wundersamsten, wenn die Berge
selbst von der Menschenseele belebt werden und Toͤne
und Worte vielfaͤltig nachhallend erwidern: die alte
Sprache hat dafuͤr das poetisch schoͤne Wort Dverg⸗
) Im Raufiordhotel (s. S. 11) hoͤrte ich zum Hallingtanz (bei
dem die niedrige Decke mit der Ferse geschlagen wird) das L. spielen,
eine Art Zither mit einer Melodiesaite und mehreten andern, di—
beim Spiel von selbst mitklingen.