Full text: Germanische Mythologie

Götter und Dämonen. 
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aber ist die herrlichste unter den Asinnen. Ihr gehört die eine 
Hälfte der im Kampfe Gefallenen. Die andere Hälfte aber 
Odin. Vor ihren Wagen sind zwei Katzen gespannt. Sie ist die 
Göttin der Liebe und des Minnesanges. Nach ihr tragen die vor— 
nehmen Weiber den Asennamen: Frauen. — Ein weiterer Ase 
ist Tyr, der Siegverleiher im Kriege, der Unfriedenstifter, den 
die Kämpfenden anrufen. Seine Kühnheit ist sprichwörtlich, doch 
ist er auch sehr weise. Er verlor die eine Hand, weil er sie dem 
Fenriswolf in den Rachen legte; davon wird die Sage alsbald zu 
berichten haben. Noch gedenken wir des Bragi, der der Vater der 
Skaldenkunst, Gott der Beredsamkeit und Wortfertigkeit ist. Seine 
Gattin, Idun, verwahrt goldene Apfel, deren Genuß den Gott— 
heiten ewige Jugend verleiht. — Auch Heimdall ist ein Ase, der 
Wächter der Bruüͤcke Bifröst. Neun Mädchen, die Schwestern wa— 
ren, haben ihn geboren. Seine Zähne und die Mähne seines Pfer— 
des bestehen aus Gold. Er braucht weniger Schlaf als ein Vo— 
gel und sieht bei Tag und bei Nacht hundert Rasten weit. Er hört 
auch das Gras in der Erde und die Wolle auf den Schafen wach— 
sen, denn nichts entgeht seiner Wachsamkeit. — Hödur gehört 
nicht minder zu den Göttern, obwohl er über sie durch die Tötung 
Baldurs das schwerste Unheil bringt. — Weniger tritt Widar 
hervor. Seine Stärke aber und sein dicker Schuh, den er dem welt— 
zerstörenden Fenriswolf in den Rachen setzt, machen ihn zu dem 
Sieger über diesen. — Andere Götter werden nicht so oft geprie— 
sen. — Weniger seiner Gestalt, als seinem Wesen nach steht seit— 
ab allen diesen: Loki, der Verlästerer der Asen, Anstifter allen 
Betruges, die Schande der Götter und Menschen. Zu seiner furcht⸗ 
bharen, mit einem Riesenweibe erzeugten Brut gehört außer der 
Hel und dem Fenriswolfe die Midgardschlange, welche Wal— 
bater einst in das weltumgürtende Meer warf, um sie unschäd— 
lich zu machen. Dort wuchs sie jedoch zu so ungeheurer Größe 
empor, daß sie es jetzt ausfüllt und sich noch dazu in den Schwanz 
beißt. Die Hel aber warf der Göttervater hinab nach Niflheim 
und gab ihr Gewalt über alle diejenigen, die nicht in der Schlacht, 
sondern vor Alter und Krankheiten starben. Sie hat da eine große 
Wohnstätte. Ihr Gehege ist schrecklich hoch und mit mächtigen 
Gittern verwahrt. Ihr Saal heißt Elend, Hunger ihre Schüs— 
sel, Gier ihr Messer, Träg ihr Knecht, Langsam ihre Magd, 
Einsturz ihre Schwelle, ihr Bett Kümmernis und ihr Vorhang 
dreuendes Unheil. Sie ist halb schwarz, halb menschenfarbig.
	        
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