Die jüngere Steinzeit.
Auch in diesem Falle sind es natürlich eigentlich die Sandkörner, welche
das Loch zustande bringen. Dieses Verfahren, das wahrscheinlich jünger ist
als das erstbeschriebene, ist viel weniger zeitraubend, da man für das Schaft-
loch nicht die ganze Steinmasse, sondern nur den Ring, der den Zapfen um-
gibt, fortzuschleifen braucht. Der Zapfen wurde alsdann abgeschlagen oder
fiel von selbst heraus.
So haben wir hier eine interessante Erfindung, die vor Jahrtausenden
gemacht wurde. Merkwürdig genug ist diese selbe Erfindung auch in unserer
Zeit gemacht worden und zwar von Technikern, die ohne Zweifel nicht
die geringste Kenntnis davon hatten, wie man die alten Steinäxte durchbohrte.
Beim Sprengen eines Berges bohrt man gewöhnlich in derselben Art, wie die
Löcher zuerst in den alten Steinäxten gemacht wurden, nämlich, indem man die
ganze Steinmasse des zu bohrenden Loches zermalmt. Für Tunnelsprengungen
aber benutzt man zylindrische Bohrer, welche, gleich wie bei den zuletzt be-
schriebenen Steinäxten, eine ringförmige Aushöhlung um den in der Mitte stehen-
bleibenden Zapfen bilden, welcher dann leicht entzwei geschlagen und heraus-
genommen werden kann. Dasselbe gilt für die senkrechte »Diamantbohrung «
nach Wasser, wenn es gilt tief durch Granit zu dringen; der Bohrer ist ein
eiserner Zylinder, in dessen unterem Ende einige schwarze Diamanten sitzen.
Die eben erwähnten Versuche zeigen, wie man mit den einfachen Mitteln,
die den Schweden der Steinzeit zur Verfügung standen, selbst Äxte aus sehr
hartem Stein durchbohren konnte. Freilich gehörte viel Zeit und Geduld dazu.
Aber die Zeit hatte nicht denselben Wert damals wie heutzutage, und man hat
bewunderungswürdige Proben der Geduld, welche die »wilden« Völker bei
ähnlichen Arbeiten entwickeln können. So wird erzählt, daß ein Indianer in
Nordamerika manchmal sein ganzes Leben darauf verwendet hat, um einen
Tomahawk (Streitaxt) aus Stein zu machen, ohne dennoch ganz fertig damit
zu werden! Und es gibt kleine Zylinder aus Bergkristall, 10—20 cm lang und
etwa 3 cm im Durchmesser, welche die Eingeborenen in der Nähe von Rio
Negro in Südamerika mit Sand, Wasser und biegsamen, zwischen den Händen
gegen den Stein gerollten Gerten durchbohrt haben. Eine solche Arbeit er-
fordert mehrere Jahre, und für die von den Häuptlingen getragenen Schmuck-
sachen dieser Art werden zwei Menschenalter verwendet.
Bei jeder kulturgeschichtlichen Untersuchung der Vergangenheit ist es
wichtig, nicht nur zu erfahren, welche Überreste vorhanden sind, sondern
auch, ob diese Überreste — oder einige von ihnen — im Lande selbst an-
gefertigt worden sind. Nur in diesem Fall geben sie eigentlich eine unmittel-
bare Aufklärung über den Grad der Kultur, die die Einwohner des Landes
erreicht hatten,
Es verdient deshalb in hohem Grade unsere Aufmerksamkeit, daß aus
Gründen, die wir noch näher beleuchten werden, beinahe alle in Schweden ge-
fundenen Gegenstände aus der Steinzeit, selbst die besten, als einheimische
Arbeiten anzusehen sind.