210 Die römische Eisenzeit.
ist. Die Schlußworte der letzteren Inschrift: »Gott helfe seiner Seele« zeigen,
daß sie der Zeit nach der Einführung des Christentums angehört.
Außerdem hat man in Schweden mehrere andere Altertümer mit älteren
Runen gefunden, so eine prächtige Spange, aus vergoldetem Silber, die aus
Etelhem auf Gotland stammt (Fig. 377), ein knöchernes Amulet aus Lind-
holmsmoor in Skäne (Fig. 339) und viele Goldbrakteaten (Fig. 353—358).
In England sind Inschriften von diesen »älteren« Runen häufig.
Noch in der letzten Zeit wurde
freilich die Ansicht ausgesprochen,
daß die Runen niemals bei anderen
Völkern als den Nordländern und
den aus dem südlichen Teile des
nordischen Gebietes nach England
gezogenen Angelsachsen vorkommen
sollten. Das ist aber falsch. Die
Runen waren gemeinsames Eigentum
der germanischen Völker oder wenig-
stens einer Mehrzahl unter ihnen.
In Frankreich, Deutschland,
Westrußland und in der Walachei
hat man auch Runeninschriften ge-
funden, die in Gegenstände einge-
ritzt sind, welche weder skandina-
vische noch englische Typen zeigen,
sondern Formen, die in den in Frage
kommenden, damals von germani-
schen Völkern bewohnten Gegenden
einheimisch waren.
Die Runenkenntnis der Süd-
germanen wird noch weiter durch zeit-
genössische Schriftsteller bewiesen,
die ausdrücklich davon sprechen, daß
die Runen bei germanischen Völkern,
die außerhalb Skandinaviens und
Englands wohnten, im Gebrauch waren. Der wichtigste von diesen Zeugen ist
Venantius Fortunatus, der, in Norditalien geboren und in Ravenna erzogen, sich
später an verschiedenen Orten in Deutschland und Frankreich aufhielt, bis er zum
Schluß des sechsten Jahrhunderts Bischof von Poitiers wurde. Unter seinen lateini-
schen Gedichten befindet sich ein Brief an einen Freund, in welchem er diesen
auffordert, entweder lateinisch oder in irgend einer anderen Sprache zu antworten;
I) Die ältere Inschrift (längs der Mitte): Haringa Alcugar »Haringa, der ohne Falsch
(ruht hier'«, und die jüngere (in der Schlange): Skanmals auk Olauf thau litu kiara merki
thausi eftir Suain fathur sin. Kuth hialbi salu hans, »Skanmals und Olauf (Frauenname),
sie ließen diese Denkmale für Sven, ihren Vater, machen. Gott helfe seiner Seele!«