Die römische Eisenzeit,
Betrachten wir nun die ältesten Runen und ihre Bedeutung, so finden wir
sofort, daß die Übereinstimmung mit den alten südeuropäischen Alphabeten auf-
fallend ist. Niemand wird es für zufällig halten, daß die Runen R, <, N, I, h, B, ®
beinahe vollkommen griechischen und römischen Buchstaben gleichen und
ihnen Jautlich entsprechen. Nach umfassender und gründlicher Untersuchung
aller mit der Herkunft der Runen zusammenhängenden Umstände ist man zu
dem Schluß gelangt, daß die Runen wahrscheinlich im zweiten Jahrhundert n. Chr.
bei einem nördlich vom Schwarzen Meere wohnenden germanischen Stamm
der im römischen Reich da-
mals gebrauchten Schrift nach-
gebildet worden sind. Wenig-
stens fünfzehn, vielleicht zwanzig
Runen entstammen dem grie-
chischen und vier dem römi-
schen Alphabet.
In den meisten Fällen,
wo die Form der Runen von
der südlichen Buchstabenform
abweicht, kann die Ungleich-
heit dadurch erklärt werden,
daß die Runen ursprünglich
nur in Holz geritzt wurden, und
man deshalb die wagrechten
Striche vermied, die leicht mit
den Adern des Holzes zu-
sammenfallen und dadurch un-
deutlich werden; auch die
bogenförmigen Linien boten
dem Holzschneider Schwierig-
keiten. Daher bestehen die
ältesten Runen nur aus senk-
rechten und schräglaufenden
336. Runenstein bei Möjebro in Uppand.!) geraden Sirichen.
Bei der Annahme des fremden Alphabetes zeigten die Germanen eine
merkwürdige Selbständigkeit darin, daß sie den Runen neue Namen gaben und
sie auf eine neue Art ordneten, denn alle semitischen, griechischen und italienischen
Alphabete rangieren A, B usw. Warum die Germanen ihren Buchstaben
eine abweichende Reihenfolge gaben, ist noch nicht endgültig erklärt. Eine
andere eigentümliche Neuheit ist die Einteilung der Runen in drei Gruppen zu je
acht Runen.?) Diese drei Gruppen sind schon auf den Wadstenabrakteaten vermerkt.
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1) Die Inschrift lautet: Frawaradar anahaha is 's]laginar, »Frawaradar (Frärädr) der
Mutige ist (tot-) geschlagen«.
2) Die Einteilung in dreimal acht wurde auch in anderen Fällen von den Germanen ange-
wendet, wie z. B. in ihrem Gewichtssystem, wo die Mark in 8 Öre und die Öre in drei Örtugar
zeteilt wurde, Ob diese Gewichtsteilung schon in der Zeit, als sich die Runen bildeten, bestand,
weiß man jedoch nicht.