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Die römische Eisenzeit.
hatten. Aber warum wurden dann alle diese zerhauenen Lanzenschäfte, Pfeil-
bögen, Harken, Amboße, Wagen, Pferdeskelette und andere schwere und zugleich
wertlose Sachen zusammengehäuft? Warum Silber, Münzen, Goldringe und so
viele andere kleine, aber kostbare Gegenstände, die man leicht fortschaffen konnte,
ins Wasser geworfen?
So zeigten sich alle anfänglichen Versuche zur Aufklärung gleichmäßig
unbefriedigend, und man verzweifelte bereits an einer zutreffenden Beantwortung
der geheimnisvollen Frage, als endlich im Jahre 1865 Worsaae eine Hypothese
aufstellte, die in ihren Hauptzügen immer mehr Anhänger fand'). »In der
Nähe des Moores«, so lautet seine Erklärung, »stand ein Kampf, nach welchem
die Sieger ihren Göttern die eroberte Beute ganz oder zum Teil opferten,
nachdem sie zuvor absichtlich zerstört worden war.«
Nur in einem wichtigen Punkt scheint die Ansicht modifiziert werden zu
müssen. Er nahm an, daß die Sachen in einen See versenkt wurden, und daß
der See sich im Laufe der Jahrhunderte in ein Torfmoor verwandelte. Aber
schon sein um diese großen Moorfunde besonders verdienter Landsmann Engel-
hardt hatte einige Jahre früher bei der Beschreibung des Torsbjerger Fundes
die Ansicht vertreten, daß die Sachen nur in einer sumpfigen Niederung nieder-
gelegt waren, wo sie von der Pflanzendecke allmählich überwuchert wurden.
Daß diese Ansicht der Wahrheit sehr nahe kommt, hat der jetzige Direktor
des dänischen Nationalmuseums, Sophus Müller, kürzlich festgestellt. Die von
ihm unter naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten vorgenommene Untersuchung
der Verhältnisse, in welchen man die Gegenstände antraf, ergibt als unzweifel-
haft, daß sie nicht in das Wasser geworfen wurden, sondern eine Zeitlang in
freier Luft an einem Ort gelegen haben müssen, der freilich feucht war, aber
nicht so feucht, daß man dort nicht gehen konnte.?) Eine üppige Vegetation
hat dann verhältnismäßig schnell die Sachen bedeckt und geschützt, und all-
mählich hat sich der Torf gebildet, der bis in unsere Zeit so viel davon erhalten
hat, was unter anderen Umständen verloren gegangen wäre.
Die eben angeführte Ansicht über die Niederlegung der Gegenstände, die
geeignet ist, alle besprochenen eigentümlichen Umstände zu erklären, wird da-
durch unterstützt, daß man denselben Brauch auch bei anderen Völkern in
alter und neuer Zeit beobachtet hat. So erzählt Cäsar von den Galliern®):
»Wenn sie in den Streit ziehen, pflegen sie ihrem Kriegsgott die Beute zu ge-
loben. Im Falle des Sieges opfern sie die Tiere, die ihnen in die Hände ge-
fallen sind, und schleppen die übrige Beute an einen Ort zusammen. In manchen
Gegenden kann man ganze Haufen solcher Beutestücke an geweihten Orten
erblicken, und es kommt selten vor, daß einer so gottlos ist, ein Beutestück zu
1) J. J. A. Worsaae, Om Slesvigs eller SönderjyNlands Oldtidsminder (Kopenhagen, 1865),
S. 55. — Vgl. Engelhardt, Kragehul Mosefund, S. 15, und H. Petersen, in den Aarböger f.
nord. Oldkynd., 1890, S. 212.
2) S. Müller, Nordische Ältertumskunde, S. 132.
3) Caesar, De bello gallico, VI, 17.