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Nachttisch-Sänger“ gestiegen, im Range bis Nummer Eins zur linken Seite.
Denn der Kaiser rechnete die Seite für die vornehmste, auf der das Herz
saß, und das Herz sitzt auch bei einem Kaiser links. Und der Spielmeister
schrieb ein Werk von fünfundzwanzig Bänden über den Kunstvogel; das war
so gelehrt und so lang, voll von den allerschwersten chinesischen Wörtern,
daß alle Leute sagten, sie hätten es gelesen und verstanden, denn sonst wären
sie ja dumm gewesen und wären auf den Leib getrampelt worden.
So ging es ein ganzes Jahr. Der Kaiser, der Hof und alle die
andern Chinesen konnten jeden Gluck in des Kunstvogels Gesange aus—
wendig. Aber gerade deshalb gefiel er ihnen jetzt am Allerbesten: sie konnten
selbst mitsingen, und das thaten sie auch. Die Straßenbuben sangen:
„Zizizi Gluckgluckgluck!“ und der Kaiser sang es ebenfalls. Ja, das war
gewiß prächtig!
Eines Abends jedoch, als der Kunstvogel am Besten sang; und der
Kaiser im Bette lag und darauf hörte, sagte es inwendig im Vogel
„Schwupp“. Da sprang Etwas! „Schnurrrr!“ alle Räder liefen herum,
ind dann stand die Musik still.
Der Kaiser sprang gleich aus dem Bette und ließ seinen Leibarzt
rufen; aber was konnte der helfen! Dann ließen sie den Uhrmacher holen,
und nach vielem Sprechen und Nachsehen bekam er den Vogel etwas in
Ordnung; aber er sagte, daß er geschont werden müsse, denn die Zapfen
seien abgenutzt, und es wäre unmöglich, neue so einzusetzen, daß die Musik
sicher ginge. Nun war eine große Trauer! Nur einmal des Jahres durfte
man den Kunstvogel singen lassen, und das war schon fast zu viel. Aber
dann hielt der Spielmeister eine kleine Rede voll inhaltsschwerer Worte und
sagte, dae —— nat sei, wie. früher; dann war es eben so gqut, wie
früher.
Jetzt waren fünf Jahre vergangen, und das Land bekam eine große
Trauer. Die Chinesen hielten im Grunde alle auf ihren Kaiser, und jetzt
war er krank und konnte nicht lange mehr leben, sagte man. Schon war
ein neuer Kaiser gewählt, und das Volk stand draußen auf der Straße
und fragte den Cavalier, wie es ihrem alten Kaiser ginge.
„P!“ sagte er und schüttelte mit dem Kopfe.
alt und bleich lag der Kaiser in seinem großen, prächtigen Bette;
der ganze Hof glaubte ihn todt, und ein Jeder von ihnen lief hin, den
neuen Kaiser zu begrüßen. Die Kammerdiener liefen hinaus, um darüber
zu schwatzen, und die Kanmermädchen hatten große Kaffeegefellschaft. Rings