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wo sie auf den Meereswellen schaukelte, ein Geheimniß, einen Brief, einen
Abschiedsseufzer in sich getragen hatte.
Volle zwanzig Jahre stand sie auf dem Boden; sie hätte noch länger
dort stehen können, hätte das Haus nicht umgebaut werden sollen. Das
Dach wurde aber abgetragen, man bemerkte die Flasche und sprach von
ihr, allein sie verstand die Sprache nicht; die lernt man nicht dadurch
daß man auf dem Boden steht, selbst in zwanzig Jahren nicht. „Wäre
ich unten in der Stube geblieben,“ meinte sie zwar, „hätte ich sie doch
wohl gelernt!“
Sie wurde nun gewaschen und ausgespült, es that ihr Noth; sie
fühlte sich klar und durchsichtig, sie war wieder verjüngt auf ihre alten
Tage, aber der Zettel den sie treu getragen, — der war in der Wäsche
daraufgegangen.
Man füllte die Flasche mit Sämereien, sie wußte viel, was das eigentlich
war; man pfropfte sie zu und wickelte sie gut ein; sie bekam weder Licht
noch Laterne, geschweige denn Sonne und Mond zu sehen, und Etwas muß
man doch sehen, wenn man auf Reisen geht, meinte sie; aber sie sah Nichts,
doch das Wichtigste that sie, — sie reiste und gelangte an den Ort ihrer
Bestimmung und wurde dort ausgepackt.
„Was sie sich dort im Auslande mit der Flasche für Mühe gegeben
haben!“ — hörte sie sagen — „und sie wird doch wohl zerbrochen sein!“ —
aber sie war nicht zerbrochen. Die Flasche verstand jedes Wort, welches
gesprochen wurde, es war die Sprache, die sie am Schmelzofen und beim
Weinhändler und im Walde und anuf dem Schiffe vernommen, die einzige
gute, alte Sprache, die man verstehen könne; sie war zurückgekommen in ihre
Heimath, und die Sprache war ihr ein Gruß des Willkommens. Vor Freude
wäre sie beinahe den Leuten aus den Händen gesprungen; sie bemerkte es
kaum, daß ihr der Pfropfen ausgezogen, daß sie selbst ausgeschüttet und in
den Keller getragen wurde, um dort aufgehoben und vergessen zu werden.
Die Heimath ist doch der beste Ort, selbst im Keller! Es fiel ihr nie ein,
darüber nachzudenken, wie lange sie wohl dort liege; sie lag gut und lag
Jahre lang; endlich kamen Leute herab, die alle Flaschen aus dem Keller
und auch die unsere holten.
Draußen im Garten war ein großes Fest; flammende Lampen hingen
dort als Guirlanden, papierne Laternen strahlten wie große Tulipanen in
Transparenten. Es war ein herrlicher Abend, das Wetter still und klar;
die Sterne flimmerten, und es war Neumond, eigentlich erblickte man den