Full text: (3/5.1878)

Der Improvisator. 499 
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war eine kleine Bühne von Leinwand und Brettern 
errichtet, wo eine Truppe, wie man mir erzählte, 
Vorstellungen geben wollte. Ich ging Abends hin. 
Die Veronesen saßen auf den steinernen Stufen des 
Amphitheaters, wo ihre Urahnen gesessen hatten. Auf 
der kleinen Bühne wurde „la Cenerentola“ dargestellt; 
es war dieselbe Truppe, bei welcher Annunziata ge— 
wesen war. Aurelia hatte die Hauptpartie. Das Ganze 
war armselig und traurig anzusehen. Das alte antike 
Theater stand wie ein Riese rings um die zerbrech⸗ 
lichen bretternen Buden da. Ein Contrebaß übertäubte 
die wenigen Instrumente. — Das Publicum klatschte 
und rief Aurelia heraus. Ich eilte hinweg. — Außer— 
halb des Raumes war Alles still. Das große Riesen⸗ 
gebäude warf einen breiten dunklen Schatten im 
klarsten Mondschein. 
Man erzählte mir von den Familien der Capu— 
letti und Montecchi, deren Zwiespalt zwei liebende 
Herzen trennte, welche der Tod wieder vereinte: die 
Geschichte von Romeo und Julia! — Mir wurde 
der Palast der Capuletti gezeigt, wo Romeo zum 
ersten Mal seine Julia sah und mit ihr tanzte. 
Jetzt war das Haus ein Gasthof für Fremde. Ich 
betrat die Treppe, die Romeo zu Liebe und Tod 
hinaufgeschlichen war. Noch ist der große Tanzsaal 
mit verblichenen Bildern an den Wänden und großen, 
bis zum Boden hinabreichenden Fenstern vorhanden, 
allein ringsum häuften sich Heu und Stroh, längs 
den Wänden waren Kalktonnen aufgestellt und in den 
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