Full text: (3/5.1878)

198 Der Improvisator. 
Annunziata folgte uns allein nach; ich hatte nicht den 
Muth, ihr den Arm zu bieten. Als wir die Thür 
erreichten und in's Gedränge geriethen, fühlte ich ihren 
Arm unter dem meinigen; mir fuhr es wie Feuer durch 
das Blut. 
Ich fand den Wagen. Als sie eingestiegen waren, 
bat Annunziata mich, diesen Mittag bei ihnen vorlieb 
zu nehmen. — „Nur ein einfaches Mahl,“ sagte sie, 
wie wir es in den Fasten genießen können.“ 
Ich war glücklich! Die alte Dame, die nicht gut 
hörte, verstaud zwar aus dem Ausdrucke in den Zügen 
Annunziata's, daß die Rede von einer Einladung sei, 
meinte aber, daß sie das Mitfahren betreffe. Augen⸗ 
blicklich schob sie die Tucher und Shawls, die auf dem 
vordern Sitze lagen, zur Seite und reichte mir die 
Hand mit den Worten: „Freilich, freilich, nehmen Sie 
vorlieb, Signor Abbate; hier ist ja Platz genug!“ 
Das war nun nicht Annunziata's Meinung; ich 
sah eine leichte Röthe über ihre Wangen hinziehen; 
allein ich saß schon gerade vor ihr, und der Wagen 
rollte fort. 
Eine kleine köstliche Tafel harrte unser. Annun— 
ziata sprach von ihrem Aufenthalte in Florenz und vom 
heutigen Feste, fragte mich über die Fasten in Rom und 
wie ich diese Zeit zugebracht hätte, welche Frage ich 
eben nicht ganz genau beantwortete. 
„Sie werden doch wohl die Judentaufe am Oster⸗ 
tage sehen?“ fragte ich, warf auch zu gleicher Zeit einen 
Blick auf die alte Dame, die ich ganz vergessen hatte. 
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