Der Jmprovisator. 193
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So wie ich in diesem Augenblicke liebte, müssen sich
selige Geister lieben. Der Friede, den ich im Gebet
gesucht, aber nicht gefunden hatte, strömte jetzt durch
die Töne warm in mein Herz.
Als das Miserere zu Ende war und Alle sich ent—
fernt hatten, saß ich bei Bernardo in seinem Zimmer.
Ehrlich reichte ich ihm die Hand und sprach aus, was
mir meine begeisterte Seele eingab; meine Lippen ent⸗
hielten Beredsamkeit; Allegri's Miserere, unsere Freund⸗
schaft, die Abenteuer meines ganzen seltsamen Lebens
Jaben mir hinlänglichen Stoff; ich erzählte ihm, wie
geistig gesund mich die Musik gemacht habe, wie schwer
mir das Herz vorher gewesen, meine Leiden, meine
Angst und Schwermuth während der langen Fastenzeit,
ohne jedoch des Antheils zu erwähnen, den er und An—
nunziata daran gehabt hatten. Allein das war auch
die einzige kleine Falte meines Herzens, die ich ihm
nicht entschleierte.
Er lachte mich aus, wiederholte, daß ich nichts
Männliches hätte; daß das Hirtenleben bei Domenica,
die Signora, die Frauenerziehung und endlich die Jesuiten-
Schule mich vom Grunde aus verderbt hätten; daß
mein heißes italienisches Blut durch Ziegenmilch ver—
dünnt worden wäre; daß meine trappistische Enthalt-
samkeit mich krank machte, daß mir ein kleiner zahmer
Vogel noth thäte, der mich aus meiner Traumwelt
heraussingen könnte. — Ich sollte nur ein Mensch wie
Andere sein, dann würde ich mich an Leib und Seele
wohl befinden.
Der Improvisator.