Die Schneelbnigin.
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Was sagten die Hyacinthen?
Es waren drei schoͤne Schwestern, so durchsichtig und
fein; der Einen Kleid war roth, der Andern blau, der Drit⸗
ten ganz weiß; Hand in Hand tanzten sie beim stillen See
im hellen Mondenschein. Es waren keine Elfen, es waren
Menschenkinder. Dort duftete es so süß, und die Mädchen
verschwanden im Walde; der Duft wurde stärker; drei Särge,
darin lagen die schönen Mädchen, glitten von des Waldes
Dickicht über den See dahin; die Johanniswürmchen flogen
leuchtend rings herum, wie kleine schwebende Lichter. Schla—
fen die tanzenden Mädchen, oder find sie todt? — Der Blu⸗
menduft sagt, sie sind Leichen; die Abendglocke läutet den
Grabgesang!“
„Du machst mich ganz betrübt,“ sagte die kleine
Gerda. „Du duftest so stark; ich muß an die todten
Maͤdchen denken! Ach, ist denn der kleine Kay wirklich
todt? Die Rosen sind unten in der Erde gewesen, und die sa—
gen: Nein!“
„Kling, Klang!“ laäuteten die Hyacinthen-Glocken.
„Wir läuten nicht für den kleinen Kay, wir kennen ihn
nicht; wir singen nur unser Lied, das einzige, welches wir
können.“
Und Gerda ging zur Butterblume, die aus den glän—⸗
zenden, grünen Blättern hervor schien.
„Du bist eine kleine helle Sonne!“ sagte Gerda.
„Sage mir, ob Du weißt, wo ich meinen Gespielen finden
kann ?“