Full text: Gesammelte Märchen

Der Reisecamerad. 343 
das Freien unterlassen können. Der alte König war so be⸗ 
trübt uͤber all die Trauer und das Elend, daß er einen ganzen 
Tag des Jahres mit allen seinen Soldaten auf den Knieen 
lag und betete, die Prinzessin möge gut werden; aber das 
wollte sie durchaus nicht. Die alten Frauen, die Branntwein 
tranken, färbten denselben ganz schwarz, bevor sie ihn tran⸗ 
ken: so trauerten sie. Und mehr konnten sie doch nicht thun! 
„Die häßliche Prinzessin!“ sagte Johannes. „Sie 
sollte wirklich die Ruthe bekommen, das wuͤrde ihr gut thun. 
Wäre ich nur der alte König, sie sollte schon gegerbt 
werden!“ 
Da hörten sie das Volk draußen Hurrah rufen. Die 
Prinzessin kam vorbei; und sie war wirklich so schön, daß 
alle Leute vergaßen, wie böse sie war; deshalb riefen fie 
Hurrah. Zwölf schöne Jungfrauen, alle in weißseidenen 
stleidern und eine goldne Tulpe in der Hand, ritten auf kohl⸗ 
schwarzen Pferden ihr zur Seite. Die Prinzessin selbst hatte 
ein schneeweißes Pferd, mit Diamanten und Rubinen ge⸗— 
schmückt. Ihr Reitkleid war aus purem Goldstoff, und die 
Peitsche, die sie in der Hand hatte, sah aus, als waͤre sie ein 
Sonnenstrahl. Die goldene Krone auf dem Haupte war grade 
wie kleine Sterne oben vom Himmel, und der Mantel war aus 
mehr als tausend schönen Schmetterlingsflügeln zusammenge⸗ 
naͤht. Dessenungeachtet war sie viel schöner noch, als alle ihre 
Kleider. 
Als Johannes sie zu sehen bekam, wurde er so roth 
in seinem Antlitz wie ein Blutstropfen und konnte kaum ein 
einziges Wort sagen. Die Prinzessin sah ja ganz so aus
	        
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