Däumelinchen.
Es war einmal eine Frau, die sich sehr ein ganz kleines
Kind wünschte; aber sie wußte gar nicht, woher sie es neh⸗
men sollte. Da ging sie zu einer alten Hexe und sagte zu
ihr: „Ich möchte so herzlich gern ein kleines Kind haben;
kannst Du mir nicht sagen, wo ich das bekommen kann?“
O! damit wollen wir schon fertig werden!“ sagte die
gexe. „Da hast Du ein Gerstenkorn; das ist gar nicht von
der Art, wie die, welche auf des Landmanns Feld wachsen,
oder welche die Hühner zu fressen bekommen; lege das in
einen Blumentopf, so wirst Du was zu sehen bekommen!“
„Ich danke Dir!“ sagte die Frau und gab der Hexe
wölf Schillinge, denn soviel kostete es. Dann ging sie nach
Hause und pflanzte das Gerstenkorn; und sogleich wuchs da
eine herrliche, große Blume, die sah aus, wie eine Tulpe;
aber die Blätter schlossen sich fest zusammen, grade als ob
sie noch in der Knospe waͤre.
Das ist eine wunderhübsche Blume!“ sagte die Frau
und küßte sie auf die rothen und gelben Blätter; aber grade
indem sie darauf küßte, öffnete die Blume sich mit einem
Knall. Es war eine wirkliche Tulpe, wie man nun sehen
konnte; aber mitten in der Blume saß auf dem grünen
Samengriffel ein ganz kleines Mädchen, so fein und niedlich!
Mãrchen. 9