Der Improvisator.
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dennoch die Flammen, wenn sie sich begegneten, er—
löschen würden. Die Liebe ist Sehnsucht, und die ge—
stillte Sehnsucht vergeht!“
„Aber wenn nun Deine Göttin,“ sagte ich, „schön
und klug wäre, wie“ —
„Wie Annunziata,“ fiel er ein, als ich einen Augen—
blick, um den Ausdruck für meinen Gegenstand zu fin—
den, innehielt. — „Ja, Antonio, dann wollte ich die
schöne Rose betrachten, so lange sie frisch wäre, und
wenn die Blätter welkten, der Duft sich verlöre — ja,
Gott mag wissen, wozu ich dann Neigung haben würde!
In diesem Augenblicke habe ich eine recht seltsame, und
ich habe früher eine ähnliche empfunden: ich wünsche
fast, zu ergründen, wie roth Dein Blut sei, Antonio!
Allein ich bin ein vernünftiger Mensch; Du bist mein
Freund, mein aufrichtiger Freund, wir wollen uns nicht
schlagen, selbst nicht, wenn wir uns in demselben Liebes—
abenteuer begegnen!“ — Und nun lachte er laut auf,
drückte mich an seine Brust und sagte halb scherzend:
„Höre! ich überlasse Dir meinen zahmen Vogel; er
fängt an, empfindsam zu werden und wird Dir gewiß
gefallen! Begleite mich heute Abend. Vertraute Freunde
dürfen einander nichts verbergen; wir werden einen
lustigen Abend haben; nächsten Sonntag giebt der hei⸗
lige Vater uns Allen zusammen den Segen.“
„Ich begleite Dich nicht!“ erwiderte ich.
„Du bist feig, Antonio!“ versetzte er. „Laß doch
die Ziegenmilch nicht ganz Dein Blut unterjochen!
Dein Auge kann wie das meine brennen; es kann
sinnlich brennen, das habe ich bemerkt! Deine Leiden,